Newsletter vom 5. Mai 2021
Reform der Steuerregeln
Europäisches Parlament fordert Reform der Steuerregeln
(JB) Am 29. April 2021 verabschiedete das Plenum des Europäischen Parlaments mit breiter Mehrheit (549 Ja-Stimmen bei 70 Gegenstimmen und 75 Enthaltungen) seine Prioritäten für eine grundlegende Erneuerung der internationalen Steuerregeln, insbesondere vor dem Hintergrund einer fortschreitenden Digitalisierung der Wirtschaft, um Steuervermeidung einzudämmen und Steuern gerechter zu gestalten. In der Entschließung hob das Europäische Parlament auch hervor, dass ein Mindeststeuersatz für Unternehmen auf internationaler Ebene dringend erforderlich sei und Steuern dort gezahlt werden sollten, wo die Wertschöpfung wirklich erfolgt. Die Abgeordneten waren auch ganz klar in der Aussage, dass die Europäische Union ohne Fortschritte auf internationaler Ebene im Alleingang vorangehen sollte.
Konkret fordert das Europäische Parlament einen effektiven Mindeststeuersatz auf einem fairen und ausreichenden Niveau und begrüßt in diesem Zusammenhang auch den jüngsten Vorschlag der US-Regierung für einen weltweiten Unternehmenssteuersatz von 21 Prozent. Außerdem sollte das Steuerrecht berücksichtigen, dass die Interaktion zwischen Unternehmen und Verbrauchern infolge der Digitalisierung bei hochgradig digitalisierten Geschäftsmodellen erheblich zur Wertschöpfung beiträgt. Dies würde es ermöglichen, dass mehr Steuern dort gezahlt werden, wo die Wertschöpfung stattfindet, und nicht dort, wo die Steuersätze am niedrigsten sind. Das Europäische Parlament weist auch darauf hin, dass digitale Unternehmen im Durchschnitt mit einem effektiven Steuersatz von lediglich 9,5 Prozent belastet werden, Unternehmen mit traditionellen Geschäftsmodellen dagegen mit einem effektiven Steuersatz von 23,2 Prozent.
Schließlich bestehen die Abgeordneten des Europäischen Parlaments darauf, dass die Europäische Union einen eigenen Notfallplan entwickelt, falls die Verhandlungen auf globaler Ebene bis Ende des Jahres keine Ergebnisse bringen sollten.
Auch die Finanzminister von Deutschland und Frankreich hatten sich kürzlich in einem gemeinsamen Interview grundsätzlich bereiterklärt, den US-Vorschlag zu unterstützen.
EGF-Verordnung
Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union stimmen neuer EGF-Verordnung zu
(UD) Nach erfolgreichen Verhandlungen unter deutscher Ratspräsidentschaft wurde die Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union über den Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung zugunsten entlassener Arbeitnehmer (EGF) 2021-2027 am 19. April 2021 vom Rat der Europäischen Union und am 27. April 2021 vom Europäischen Parlament mit großer Mehrheit angenommen. Die neue Verordnung gilt rückwirkend ab dem 1. Januar 2021 und regelt, unter welchen Bedingungen der EGF zur Unterstützung von entlassenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Anspruch genommen werden kann.
Der EGF bleibt auch künftig ein eigenständiger Fonds, welcher flexibel auf Massenentlassungen reagieren kann. Für den Zeitraum von 2021 bis 2027 stehen hierfür jährlich EU-weit bis zu 186 Mio. Euro zur Verfügung.
Im Vergleich zur EGF-Verordnung, die bis zum 31. Dezember 2020 galt, wurden diverse Verbesserungen vorgenommen. Dank dieser kann der EGF künftig in noch mehr Fällen entlassene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unterstützen. Dazu gehört, dass die Mindestzahl Entlassener von 500 auf 200 Betroffene gesenkt wurde und es künftig ausreicht, wenn ein größeres Umstrukturierungsereignis zu den Massenentlassungen geführt hat. Ein Kausalzusammenhang zwischen Entlassungen und Globalisierung bzw. einer Finanz- und Wirtschaftskrise muss nicht mehr belegt werden.
Hierdurch wird die Förderung erheblich flexibilisiert. Der EGF ist daher schon heute ein gutes Mittel, um auf künftige Krisen auf dem Arbeitsmarkt reagieren zu können, die durch die Folgen der Automatisierung und Digitalisierung sowie den Übergang zu einer CO2-armen Wirtschaft entstehen könnten.
Handels- und Kooperationsabkommen mit dem Vereinigten Königreich, Erneuerbare-Energien-Gesetz
Europäisches Parlament stimmt Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich mit großer Mehrheit zu
(CL) Das Europäische Parlament hat am 27. April 2021 das Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich (VK) mit 660 gegen 5 Stimmen, bei 32 Enthaltungen, angenommen. Eine begleitende legislative Entschließung fand eine Zustimmung bei 578 Abgeordneten des Europäischen Parlaments, 51 stimmten dagegen und 68 enthielten sich. In ihr bewerten die Abgeordneten das Abkommen und legen ihre Erwartungen an die Umsetzung des Abkommens dar. Den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union bezeichnen sie in der Entschließung als »historischen Fehler« und fordern, das Europäische Parlament »unmittelbar und umfassend« über die Arbeiten im Partnerschaftsrat (Partnership Council) und anderer gemeinsamer Gremien zu unterrichten sowie das Europäische Parlament in wichtige Beschlüsse im Rahmen des Abkommens im Zusammenhang mit etwaigen einseitigen Maßnahmen der Europäischen Union im Rahmen des Abkommens einzubeziehen und den Standpunkten des Europäischen Parlaments weitestgehend Rechnung zu tragen.
Das an Heiligabend 2020 zwischen den Delegationen der Europäischen Union und des Vereinigten Königreichs konsentierte Abkommen war am 1. Januar 2021 vorläufig (und befristet bis 30. April 2021) in Kraft gesetzt worden. Damit das Abkommen dauerhaft angewendet werden kann, war die Zustimmung des Europäischen Parlaments erforderlich. Da diese nun erfolgt ist, kann der Rat der Europäischen Union den Beschluss über den Abschluss der Abkommen (Geheimschutzabkommen sowie Handels- und Kooperationsabkommen) annehmen, damit sie in Kraft treten können. Der Ratifizierungsprozess seitens der Europäischen Union ist damit abgeschlossen; das britische Unterhaus hatte dem Ratifizierungsgesetz zur Umsetzung des Handels- und Kooperationsabkommens bereits am 30. Dezember 2020 zugestimmt.
Europäische Kommission genehmigt das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz 2021
(CL) Die Europäische Kommission hat am 29. April 2021 die Verlängerung und Änderung des deutschen Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG 2021) in wesentlichen Teilen genehmigt. Mit der Regelung fördert Deutschland die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien (EE) sowie aus Grubengas und gewährt Teilbefreiungen von der EEG-Umlage. Die neue Regelung wird die bisherige Förderung erneuerbarer Energien im Rahmen einer bestehenden Regelung, die die Europäische Kommission im Rahmen ihrer Beschlüsse zum EEG 2017 sowie zum EEG 2014 genehmigt hatte, ersetzen und gilt rückwirkend vom 1. Januar 2021 bis 31. Dezember 2026. Die Zahlungen im Rahmen der Regelung werden für 2021 mit rund 33,1 Mrd. Euro veranschlagt. Die Bestimmungen des EEG 2021 sollen dazu beitragen, dass Deutschland sein Ziel, ab 2030 65 Prozent seines Stroms aus erneuerbaren Energiequellen zu erzeugen, erreicht.
Einzelne Regelungen des EEG 2021, wie etwa die Regionalisierung der EE-Förderung, die EEG-Umlagen-Vollbefreiung für grünen Wasserstoff, die Regelung zum nicht selbständigen Unternehmensteil im Rahmen der Besonderen Ausgleichsregelung für Wasserstoff, die Anschlussförderung für Güllekleinanlagen, sowie die EEG-Umlagenbefreiung für Elektrobusse, die Anschlussförderung für Altholz und die höhere Förderung für kleine Wasserkraftanlagen werden von der Europäischen Kommission noch geprüft.
Weitere Informationen sind auf der Internetseite der Generaldirektion Wettbewerb unter der Fallnummer SA.57779 abrufbar.
LIFE-Programm, Bodenschutz
LIFE-Programm für Umwelt und Klimapolitik beschlossen
(MS) Das Programm für Umwelt- und Klimapolitik (LIFE) für den Zeitraum 2021-2027 wurde am 29. April 2021 vom Europäischen Parlament angenommen. Es tritt rückwirkend zum 1. Januar 2021 in Kraft. Das EU-Programm wird dazu beitragen, den notwendigen Wandel zu einer sauberen, kreislauforientierten, energieeffizienten, kohlenstoffarmen und klimaresistenten Wirtschaft zu gestalten. Durch das Programm werden die Umwelt und die biologische Vielfalt geschützt und verbessert. Für die Jahre 2021-2027 ist für das LIFE-Programm ein Gesamtbudget von 5,4 Mrd. Euro vorgesehen, wovon 3,5 Mrd. Euro für Umweltaktivitäten und 1,9 Mrd. Euro für Klimaschutzmaßnahmen ausgegeben werden.
Bei der Entscheidung darüber, was finanziert werden soll, werden Projekte den Vorrang haben:
- die ein klares grenzüberschreitendes europäisches Interesse haben,
- das höchste Potenzial für Wiederholbarkeit aufweisen und
- die größten Investitionen mobilisieren können.
Das Programm wird dazu beitragen, Klimamaßnahmen zu einem zentralen Aspekt aller EU-Politiken zu machen. Mindestens 30 Prozent des EU-Haushalts sollen für Klimaziele ausgegeben werden. LIFE wird auch viele Biodiversitätsprojekte unterstützen und dazu beitragen, dass ab 2024 7,5 Prozent und in den Jahren 2026 sowie 2027 10 Prozent des jährlichen EU-Haushalts für Biodiversitätsziele ausgegeben werden. Die Europäische Kommission wird die Klima- und Biodiversitätsziele regelmäßig überwachen und darüber berichten.
Das LIFE-Programm wurde 1992 ins Leben gerufen und ist das einzige EU-Programm, das speziell auf Umwelt- und Klimamaßnahmen ausgerichtet ist. Es spielt daher eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung der Umsetzung von EU-Rechtsvorschriften und -politiken in diesen Bereichen durch die Kofinanzierung von Projekten mit europäischem Mehrwert.
Boden richtig schützen
(MS) Mit großer Mehrheit hat das Europäische Parlament am 28. April 2021 die Entschließung zum Bodenschutz angenommen. Darin fordert das Europäische Parlament die Europäische Kommission auf, einen gemeinsamen EU-weiten Rechtsrahmen zum Schutz und zur nachhaltigen Nutzung des Bodens zu entwickeln. Die Entschließung soll der Europäischen Kommission als Orientierungshilfe dienen, wenn sie über die künftige EU-Bodenstrategie berät, die für den Herbst erwartet wird. Das Europäische Parlament fordert, dass alle Bedrohungen für den Boden berücksichtigt werden müssen. Es fordert genaue Ziele, Indikatoren und eine Methodik, um den Zustand des Bodens zu überwachen. Die Europäische Kommission wird aufgefordert, ihrem Gesetzesvorschlag eine gründliche, wissenschaftlich fundierte Folgenabschätzung beizufügen und wirksame Maßnahmen zur Verhinderung bzw. Minimierung von Bodenversiegelung vorzulegen.
In der Aussprache im Europäischen Parlament versicherte die portugiesische EU-Ratspräsidentschaft ihre Entschlossenheit, sich für den Bodenschutz auf EU-Ebene einzusetzen. Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius erklärte, dass die Europäische Kommission in den kommenden Monaten handeln wird. Als Teil der EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 wird eine Bodenstrategie vorgeschlagen, die dem Bodenschutz eine neue Dynamik verleiht. Er erwähnte auch den »Null-Schadstoff-Aktionsplan für Wasser, Luft und Boden«, den die Europäische Kommission am 12. Mai 2021 vorstellen wird. Dieser Aktionsplan wird sich mit kontaminierten Böden befassen.
Horizont Europa
Europäisches Parlament gibt grünes Licht für Horizont Europa und den Europäischen Verteidigungsfonds
(ED) Das Europäische Parlament hat am 27. April 2021 der Verordnung für das neue Rahmenprogramm für Forschung und Innovation Horizont Europa nun seine endgültige Zustimmung gegeben. Die Abgeordneten stimmten mit 677 Ja- zu 5 Nein-Stimmen bei 17 Enthaltungen für die entsprechende Verordnung. Mit 661 Ja- zu 5 Nein-Stimmen bei 33 Enthaltungen nahmen sie auch die Vereinbarung mit dem Rat der Europäischen Union über das spezifische Programm zur Durchführung von »Horizont Europa« an. Eine Vereinbarung zwischen Europäischem Parlament und dem Rat der Europäischen Union über diese beiden Dokumente ist Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung des Programms durch die Europäische Kommission, die bereits seit Beginn des Jahres vorläufig im Gange ist.
Horizont Europa ist insgesamt mit 95,5 Mrd. Euro ausgestattet. Davon stammen 5,4 Mrd. Euro aus dem EU-Aufbauplan »NextGenerationEU« und 4 Mrd. Euro sind als Top-Up aus Investitionen des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) hinzugekommen.
Im Mittelpunkt des Programms stehen Gesundheit, digitaler Wandel und innovative kleine und mittlere Unternehmen. Es werden aber auch klimafreundliche Innovationen im Industriebereich sowie Vorhaben aus dem Kultur- und Kreativsektor explizit gefördert. Über den Europäischen Forschungsrat (ERC) fließen Mittel in die Grundlagenforschung.
Ausschreibungen werden im Mai 2021 erwartet, der Europäische Forschungsrat hat seine Calls bereits geöffnet.
Neben dem zivilen EU-Programm für Forschung und Innovation hat das Europäische Parlament in einer zweiten Lesung auch den Vorschlag für einen Europäischen Verteidigungsfonds angenommen und somit den Weg für das allererste mehrjährige Finanzierungsprogramm der Europäische Union zur Unterstützung der Forschung und Entwicklung im Verteidigungsbereich geebnet. Es soll mit einem Budget in Höhe von 7 Mrd. Euro zur strategischen Autonomie der Europäischen Union beitragen und die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten erleichtern.
Bereits 2017 gab es die Mitteilung der Europäischen Kommission über die Einrichtung des Europäischen Verteidigungsfonds und es wurden vorbereitende Maßnahmen im Bereich der Verteidigungsforschung sowie das Programm zur industriellen Entwicklung im Verteidigungsbereich kofinanziert. Im Dezember 2020 hatten sich Europäisches Parlament und der Rat der Europäischen Union vorläufig auf den Verteidigungsfonds geeinigt und der Rat der Europäischen Union im März 2021 seinen Standpunkt angenommen.
(Quelle: Europäisches Parlament)
Geschlechtergleichstellung
Europäisches Parlament legt Fahrplan für Geschlechtergleichstellung in eigener Verwaltung vor
(KS) Das Präsidium des Europäischen Parlaments hat am 30. April 2021 einen Fahrplan zur Erreichung der Geschlechtergleichstellung in den politischen Prozessen und in der Verwaltung verabschiedet.
Das bereits im Januar 2020 erklärte Ziel des aus dem Präsidenten, den Vizepräsidenten und den Quästoren des Europäischen Parlaments bestehenden Gremiums ist es, einen Anteil von 50 Prozent Frauen in mittleren und höheren Führungspositionen sowie 40 Prozent Frauen in den obersten Führungspositionen in der Verwaltung zu erreichen. Mit dem nunmehr verabschiedeten Zwei-Jahres-Fahrplan des Präsidiums sollen diese Ziele bis 2024 erreicht werden.
Derzeit sind 39 Prozent bzw. 50 Prozent der mittleren und oberen Führungspositionen mit Frauen besetzt, bei den Top-Führungspositionen sind es 23 Prozent.
Um ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis in Führungspositionen im Bereich der Verwaltung zu erreichen, ist daher vorgesehen, dem unterrepräsentierten Geschlecht in Situationen, in denen die jeweiligen Verdienste der Kandidatinnen und Kandidaten gleich sind, den Vorzug zu geben, mit einem ausgewogeneren Ansatz bei Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben, Männer und Frauen im Europäischen Parlament zu unterstützen sowie die Geschlechterperspektive bei Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen stärker zu berücksichtigen.
Das Präsidium hat diese Maßnahmen auf Vorschlag der Hochrangigen Gruppe für Gleichstellung und Vielfalt unter dem Vorsitz von Vizepräsident Papadimoulis angenommen.
Die Gruppe fördert Gleichstellung, Nicht-Diskriminierung und Vielfalt im Europäischen Parlament, damit es die europäische Gesellschaft als Ganzes besser widerspiegelt.
(Quelle: Europäisches Parlament)
Rechtsstaatsdialog
Rechtsstaatsdialog im Rat der Europäischen Union
(KS) Am 20. April 2021 führte die Ratsformation »Europäische Angelegenheiten« in dem unter deutscher Ratspräsidentschaft neu ausgerichteten Rechtsstaatsdialog im Rat der Europäischen Union, nachdem bereits im Dezember 2020 ein erster Dialog durchgeführt worden war, einen weiteren zweiten länderspezifischen Meinungsaustausch über die wichtigsten Entwicklungen im Bereich der Rechtsstaatlichkeit durch. Der Dialog umfasste dabei diesmal Deutschland, Frankreich, Griechenland, Irland und Spanien.
Deutschland wurde eine lebendige Rechtsstaatlichkeitskultur bescheinigt und eine hohe Unabhängigkeit der Justiz, Medienvielfalt sowie die Teilhabe der Gesellschaft an der politischen Meinungsbildung positiv hervorgehoben. Eine sich zeigende rückläufige Gesamtleistung des Justizsystems bei der Verfahrensdauer, das bestehende Weisungsrecht der Exekutive gegenüber der Staatsanwaltschaft sowie eine eingeschränkte Transparenz von Lobbytätigkeiten und zunehmende Übergriffe gegenüber Journalisten seien dagegen kritischer zu bewerten.
Der auf dem jährlichen Rechtsstaatsbericht und dessen begleitenden länderspezifischen Berichten der Europäischen Kommission beruhende Dialog soll die Rechtsstaatlichkeit in der Europäischen Union weiter verbessern und so eine offene und konstruktive Debatte über die Lage in Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit in allen Mitgliedstaaten und in Bezug auf nationale Besonderheiten und Herausforderungen sowie den Erfahrungsaustausch und den Austausch bewährter Praktiken stärken. Konkrete Ziele sind unter anderem die Stärkung unabhängiger Justizsysteme und bestehender oder neu einzurichtender Strategien zur Korruptionsbekämpfung sowie die Schaffung von Schutzvorkehrungen für Medienpluralismus, Fragen im Zusammenhang mit Kontrollen und Gegenkontrollen sowie eine stärkere Einbindung der Bürgerinnen und Bürger in Entscheidungsprozesse.
Der Dialog soll im zweiten Halbjahr unter slowenischer Ratspräsidentschaft fortgeführt werden.
(Quelle: Rat der Europäischen Union)
EU-Türkei-Beziehung
Abgeordnete sehen Beziehung der Europäischen Union zur Türkei auf Tiefpunkt
(KS) Der Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten des Europäischen Parlaments hat am 22. April 2021 einen Bericht angenommen, in welchem er seine Auffassung über die derzeitigen Beziehungen der Europäischen Union zur Türkei darlegt.
Demnach habe sich die Regierung des Beitrittskandidaten in den letzten Jahren zunehmend von europäischen Werten und Standards entfernt. Diese Entwicklungen, teilweise provokative Äußerungen gegen die Europäische Union und die Mitgliedstaaten sowie eine feindselige Haltung in der Außenpolitik, insbesondere gegenüber Griechenland und Zypern, hätten die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der Türkei stark beeinflusst und auf einen historischen Tiefpunkt gebracht, so die Abgeordneten des Europäischen Parlaments.
Die Abgeordneten bemängeln zudem einen fehlenden politischen Willen der Türkei hinsichtlich der für das Fortschreiten des Beitrittsprozess notwendigen Reformen und fordern, dass das Land sein Engagement für die Intensivierung der Beziehungen mit der Europäischen Union glaubhaft demonstriert. Für den Fall, dass sich der derzeitige negative Trend nicht umkehre, empfehlen die Abgeordneten die Beitrittsverhandlungen formell auszusetzen. Besorgniserregend sei daneben auch der Missbrauch von Anti-Terror-Maßnahmen und anhaltende Masseninhaftierungen von Medienschaffenden, Menschenrechtsaktivisten sowie politischen Gegnerinnen und Gegnern.
Gleichfalls, so die Abgeordneten weiter, sei die Türkei jedoch auch ein wichtiger Partner für die Stabilität in der gesamten Region und anhaltende diplomatische Bemühungen der Europäischen Union seien auch weiterhin erforderlich und wichtig, um einen echten und effektiven Dialog mit der Türkei zu erreichen. In diesem Zusammenhang würdigen die Abgeordneten zudem die Aufnahme von fast 4 Millionen Flüchtlingen durch das Land und fordern weiterhin die notwendige Unterstützung der syrischen Flüchtlinge sowie der Aufnahmegemeinschaften in der Türkei durch die Europäische Union.
Der Bericht wird voraussichtlich im Mai im Plenum abgestimmt.
(Quelle: Europäisches Parlament)