Newsletter vom 4. November 2020
Angemessene Mindestlöhne
EU-Richtlinie soll angemessene Mindestlöhne in allen Mitgliedstaaten sicherstellen
(UD) Die Europäische Kommission hat am 28. Oktober 2020 eine EU-Richtlinie vorgeschlagen, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch angemessene Mindestlöhne schützen und ihnen am Ort ihrer Arbeit einen angemessenen Lebensstandard ermöglichen soll. Mindestlöhne in angemessener Höhe haben nicht nur eine positive soziale Wirkung. Sie bringen auch umfassende wirtschaftliche Vorteile mit sich, da sie die Lohnungleichheit verringern, zur Stützung der Binnennachfrage beitragen und die Arbeitsanreize stärken. Angemessene Mindestlöhne können auch das geschlechtsspezifische Lohngefälle verringern, da mehr Frauen als Männer einen Mindestlohn erhalten. Durch die Gewährleistung eines fairen Wettbewerbs würde die vorgeschlagene Richtlinie außerdem jene Arbeitgeber schützen, die angemessene Löhne zahlen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte: »Der heutige Vorschlag für angemessene Mindestlöhne ist ein wichtiges Signal, dass die Würde der Arbeit auch in Krisenzeiten unantastbar sein muss. Wir haben beobachtet, dass sich Arbeit für zu viele Menschen nicht mehr lohnt. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten Zugang zu angemessenen Mindestlöhnen und einem angemessenen Lebensstandard haben. Heute legen wir einen Rahmen für Mindestlöhne vor, der die nationalen Traditionen und die Tariffreiheit der Sozialpartner uneingeschränkt achtet. Die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen wird nicht nur unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sondern auch Arbeitgeber, die angemessene Löhne zahlen, schützen und die Grundlage für eine gerechte, inklusive und stabile Erholung schaffen.«
Exekutiv-Vizepräsident Valdis Dombrovskis sagte: »Es muss sichergestellt werden, dass auch Geringverdienende vom wirtschaftlichen Aufschwung profitieren. Mit diesem Vorschlag wollen wir dafür sorgen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Europäischen Union dort, wo sie arbeiten, ihren Lebensunterhalt in angemessener Form bestreiten können. Den Sozialpartnern kommt bei den Lohnverhandlungen auf nationaler und lokaler Ebene eine entscheidende Rolle zu. Wir unterstützen ihre Tarifautonomie. Wo dies nicht möglich ist, bieten wir einen Rahmen, der den Mitgliedstaaten bei der Festlegung von Mindestlöhnen als Richtschnur dient.«
EU-Sozialkommissar Nicolas Schmit erklärte: »Fast 10 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Europäischen Union leben in Armut – das müssen wir ändern! Es darf nicht sein, dass Menschen, die einer Arbeit nachgehen, Schwierigkeiten haben, über die Runden zu kommen. Mindestlöhne hinken anderen Löhnen, die in den letzten Jahrzehnten gestiegen sind, hinterher und müssen aufschließen. Tarifverhandlungen sollten in allen Mitgliedstaaten der Goldstandard sein. Die Gewährleistung angemessener Mindestlöhne ist in Grundsatz 6 der europäischen Säule sozialer Rechte, die von allen Mitgliedstaaten gebilligt wurde, schwarz auf weiß festgehalten – wir zählen also auf ihr anhaltendes Engagement.«
Ein Rahmen für Mindestlöhne unter uneingeschränkter Achtung der nationalen Zuständigkeiten und Traditionen
In allen Mitgliedstaaten gibt es Mindestlöhne. In 21 Ländern gibt es gesetzliche Mindestlöhne und in 6 Mitgliedstaaten (Dänemark, Italien, Zypern, Österreich, Finnland und Schweden) wird der Mindestlohn ausschließlich durch Tarifverträge geschützt. In den meisten Mitgliedstaaten sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer jedoch von unzulänglicher Angemessenheit und/oder Lücken beim Mindestlohnschutz betroffen. Vor diesem Hintergrund schafft die vorgeschlagene Richtlinie einen Rahmen, um die Angemessenheit der Mindestlöhne und den Zugang der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zum Mindestlohnschutz in der Europäischen Union zu verbessern. Der Vorschlag der Europäischen Kommission respektiert das Subsidiaritätsprinzip voll und ganz: Er schafft einen Rahmen für Mindeststandards, der die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten und die Autonomie sowie die Vertragsfreiheit der Sozialpartner im Bereich der Löhne berücksichtigt und widerspiegelt. Der Vorschlag legt weder ein gemeinsames Mindestlohnniveau fest noch verpflichtet er die Mitgliedstaaten zur Einführung gesetzlicher Mindestlöhne.
In Ländern mit einer hohen tarifvertraglichen Abdeckung sind der Anteil der Geringverdienenden sowie die Lohnungleichheit tendenziell niedriger und die Mindestlöhne höher. Daher zielt der Vorschlag der Europäischen Kommission darauf ab, Tarifverhandlungen über Löhne in allen Mitgliedstaaten zu fördern.
Länder mit gesetzlichen Mindestlöhnen sollten Voraussetzungen für die Festlegung von Mindestlöhnen in angemessener Höhe schaffen. Zu diesen Voraussetzungen gehören insbesondere klare und solide Kriterien für die Festlegung des Mindestlohns, Referenzwerte für die Bewertung der Angemessenheit sowie regelmäßige und rechtzeitige Aktualisierungen der Mindestlöhne. Diese Mitgliedstaaten werden ferner aufgefordert, die verhältnismäßige und gerechtfertigte Anwendung von Mindestlohnvariationen und -abzügen sowie die wirksame Einbeziehung der Sozialpartner in die Festlegung und Aktualisierung des gesetzlichen Mindestlohns sicherzustellen.
Schließlich sieht der Vorschlag eine bessere Durchsetzung und Überwachung des in jedem Land geltenden Mindestlohnschutzes vor. Die Einhaltung und die wirksame Durchsetzung sind von entscheidender Bedeutung, damit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vom Zugang zum Mindestlohnschutz profitieren und Unternehmen vor unlauterem Wettbewerb geschützt werden. Mit der vorgeschlagenen Richtlinie wird eingeführt, dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Kommission ihre Daten in Bezug auf den Mindestlohnschutz in einem jährlichen Bericht vorlegen.
Hintergrund:
Präsidentin von der Leyen kündigte bei ihrem Amtsantritt an, ein Rechtsinstrument vorzulegen, mit dem sichergestellt würde, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Europäischen Union einen gerechten Mindestlohn erhalten. Dieses Versprechen erneuerte sie in ihrer ersten Rede zur Lage der Union am 16. September 2020.
Das Recht auf angemessene Mindestlöhne ist in Grundsatz 6 der europäischen Säule sozialer Rechte verankert, die im November 2017 vom Europäischen Parlament, dem Rat der Europäischen Union im Namen aller Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission in Göteborg gemeinsam proklamiert wurde.
Der Vorschlag für die Richtlinie stützt sich auf Artikel 153 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) über Arbeitsbedingungen. Er folgt einer zweistufigen Konsultation der Sozialpartner gemäß Artikel 154 AEUV. Der Vorschlag der Europäischen Kommission wird nun dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union zur Billigung vorgelegt. Nach der Annahme müssen die Mitgliedstaaten die Bestimmungen der Richtlinie binnen zwei Jahren in nationales Recht umsetzen.
(Quelle: Europäische Kommission)
Farm to Fork-Strategie
Rat der EU priorisiert Maßnahmen für nachhaltige Lebensmittelsysteme
(HJG) Der Rat der Europäischen Union hat eine Reihe von Schlussfolgerungen zur Strategie »Farm to Fork« verabschiedet, in denen das Ziel der Entwicklung eines europäischen Systems für nachhaltige Lebensmittel von der Produktion bis zum Verbrauch bekräftigt wird. Die Schlussfolgerungen beinhalten folgende politische Botschaften der Mitgliedstaaten:
- Gewährleistung ausreichender und erschwinglicher Lebensmittel,
- Beitrag zur Klimaneutralität der Europäischen Union bis 2050 und
- Gewährleistung eines fairen Einkommens und einer starken Unterstützung der Primärproduzenten.
Die Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft in Deutschland, Julia Klöckner, betont, dass die einstimmige Entscheidung ein entscheidendes Signal und ein klares Bekenntnis zu einem nachhaltigen und wirtschaftlich tragfähigen Agrar- und Ernährungssektor ist. Zum ersten Mal wird das gesamte Lebensmittelsystem als Ganzes berücksichtigt – vom Erzeuger bis zum Verbraucher.
Aufgrund der Schlussfolgerungen fordert der Rat der Europäischen Union, dass wissenschaftlich fundierte Ex-ante-Folgenabschätzungen die Grundlage für EU-Legislativvorschläge im Rahmen der Strategie »Farm to Fork« bilden. Er fordert außerdem, den umsichtigen und verantwortungsvollen Umgang mit Pestiziden, antimikrobiellen Mitteln und Düngemitteln weiter zu fördern, um Lebensmittel nachhaltig zu produzieren und gleichzeitig die Umwelt zu schützen. Darüber hinaus fordern die Minister gleiche Wettbewerbsbedingungen für wettbewerbsfähige Agrar- und Lebensmittelmärkte sowie die Vereinbarkeit mit den WTO-Regeln.
In den Schlussfolgerungen erkennen die Mitgliedstaaten an, dass europäische Lebensmittel bereits ein globaler Standard für Sicherheit, Nährwert und hohe Qualität sind, und erkennen daher die Bedeutung der Förderung der Nachhaltigkeit von Lebensmittelsystemen auf globaler Ebene an. Dies würde zu ehrgeizigeren Verpflichtungen von Nicht-EU-Ländern in Bezug auf Umweltschutz, Einsatz von Pestiziden und antimikrobiellen Mitteln, Tiergesundheit und mehr führen.
Klimafinanzierung, 8. Umweltaktionsprogramm und Grenzwerte für gefährliche Chemikalien
Beiträge der EU und der Mitgliedstaaten zur Klimafinanzierung nahmen 2019 weiter zu
(HJG) Die Beiträge der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten zur Unterstützung der Entwicklungsländer bei der Reduzierung ihrer Treibhausgasemissionen und der Bewältigung der Auswirkungen des Klimawandels stiegen 2019 weiter an und bestätigten einen stetigen Aufwärtstrend seit 2013.
Die von der Europäische Union und ihren Mitgliedstaaten (einschließlich Großbritannien) geleistete Unterstützung für die Klimafinanzierung belief sich 2019 auf 23,2 Mrd. Euro, was einer Steigerung von 6,9 Prozent gegenüber 2018 entspricht. Die Summe ohne Großbritannien belief sich auf 21,9 Mrd. Euro, eine Steigerung von 7,4 Prozent gegenüber der Summe für die EU27 im Jahr 2018.
Diese Zahlen wurden am 29. Oktober 2020 den hochrangigen Experten der Mitgliedstaaten im wirtschaftspolitischen Ausschuss der Europäischen Union bestätigt.
Der Beitrag zur Klimafinanzierung wird als wichtiger Schritt bei der Umsetzung des im Dezember 2015 in Paris erzielten rechtsverbindlichen Klimaschutzabkommens angesehen.
Die jüngsten Zahlen belegen die Entschlossenheit der Europäischen Union, ihren internationalen Beitrag zur Klimafinanzierung weiter auf das für die Industrieländer festgelegte Ziel von 100 Mrd. US-Dollar pro Jahr zu erhöhen, das bis 2020 erreicht und bis 2025 fortgesetzt werden soll. Für den Zeitraum nach 2025 werden die Vertragsparteien der UN-Rahmenkonvention über den Klimawandel ein neues kollektives Ziel setzen.
Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten sind der weltweit größte Anbieter von öffentlichen Klimafinanzierungen. Nach den von der Europäischen Kommission zusammengestellten Daten entfällt fast die Hälfte der Mittel auf Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels und rund 20 Prozent auf Initiativen zur Anpassung an den Klimawandel in Entwicklungsländern. Der Rest des Beitrags kommt Querschnittsprojekten zugute, die sowohl den Klimaschutz als auch die Anpassung betreffen.
Vorschlag der Europäischen Kommission für das 8. Umweltaktionsprogramm bis 2030
(HJG) Das 7. Umweltaktionsprogramm endet am 31. Dezember 2020. Die Europäische Kommission unterbreitete am 14. Oktober 2020 den Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rats der Europäischen Union für ein 8. Umweltaktionsprogramm bis 2030. Das Programm baut auf dem Grünen Deal auf. Wesentliche Inhalte sind die Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2030, das Erreichen der Klimaneutralität bis 2050, die Entkopplung des Wirtschaftswachstums von der Ressourcennutzung, sowie die Verfolgung des Ziels der Null-Verschmutzung, auch für Luft, Wasser und Boden. Der Vorschlag bildet die Grundlage der Europäischen Union für die Agenda der Vereinten Nationen für 2030 und ihre Ziele für eine nachhaltige Entwicklung. Um Dopplungen mit den strategischen Zielen des Green Deals zu vermeiden, setzt das 8. Umweltaktionsprogramm vorrangig auf Monitoringinstrumente.
Schärfere Grenzwerte für gefährliche Chemikalien in Kleidung, Textilien und Schuhen
(HJG) Ab 1. November 2020 treten schärfere Grenzwerte für 33 krebserzeugende, erbgutverändernde oder fortpflanzungsgefährdende Chemikalien in Kleidung, Textilien und Schuhen in Kraft. Damit erhalten alle Verbraucherinnen und Verbraucher mehr Sicherheit, wenn sie diese Produkte kaufen, unabhängig davon, in welchem EU-Land sie gekauft und ob die Produkte in der Europäischen Union hergestellt oder importiert werden.
(Quelle: Europäische Kommission)
Europäische Kulturhauptstadt 2025
Chemnitz soll Europäische Kulturhauptstadt 2025 werden
(ED) Chemnitz wurde am 28.10.2020 zur Kulturhauptstadt Europas 2025 gekürt. Eine europäische Jury von 12 unabhängigen Experten zur Ermittlung der Kulturhauptstadt gab auf ihrer Pressekonferenz in Berlin eine entsprechende Empfehlung ab. Nachdem sie die Bewerbungen von fünf deutschen Städten in der engeren Wahl bewertet hatte, empfahl sie Chemnitz als Ergebnis einer zweieinhalbtägigen Online-Sitzung. Chemnitz setzte sich gegen die Mitbewerber Nürnberg, Magdeburg, Hannover und Hildesheim durch.
Die Empfehlung muss noch durch die Kulturministerkonferenz und der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien spätestens bis zum Jahresende bestätigt werden. Chemnitz und die Region haben dann vier Jahre Zeit, die Bewerbung umzusetzen. Die Auswahlkriterien besagen, dass die Stadt ein Kulturprogramm mit einer starken europäischen Dimension vorbereiten soll, das die Beteiligung der Akteure der Stadt sowie ihrer verschiedenen Stadtviertel fördert und Besucher aus dem ganzen Land und Europa anzieht. Das Programm muss eine nachhaltige Wirkung haben und zur langfristigen Entwicklung der Stadt beitragen. Außerdem musste Chemnitz nachweisen, dass die öffentlichen lokalen Behörden das Projekt unterstützen und die Stadt in der Lage ist, das Projekt durchzuführen.
Slowenien wird die zweite Kulturhauptstadt Europas im Jahr 2025 stellen. Die Entscheidung über die entsprechende Stadt wird im Dezember 2020 getroffen.
Mariya Gabriel, EU-Kommissarin für Innovation, Forschung, Kultur, Bildung und Jugend, sagte:
»Die Ausrichtung einer Europäischen Kulturhauptstadt ist eine wunderbare Gelegenheit für eine Stadt und ihr Umland, die Kultur mitten ins Herz ihrer verschiedenen Gemeinschaften zu bringen, und für ihre Bürger, die reiche Vielfalt kultureller Ausdrucksformen in der Europäischen Union und darüber hinaus zu entdecken. Ich hoffe, dass Chemnitz langfristig von den kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Vorteilen profitieren wird, die der Titel Kulturhauptstadt Europas mit sich bringen kann.«
Hintergrund:
Die 1985 ins Leben gerufenen Kulturhauptstädte Europas haben sich zu einem der ehrgeizigsten Kulturprojekte in Europa und zu einer der am meisten geschätzten Aktivitäten der EU entwickelt. Nach Berlin im Jahr 1988, Weimar im Jahr 1999 und Essen für das Ruhrgebiet im Jahr 2010 wird Chemnitz die vierte Stadt in Deutschland sein, die im Jahr 2025 den Titel Kulturhauptstadt Europas erhält.
Die Auswirkungen der Coronavirus-Krise haben die Europäische Kommission dazu veranlasst, den Kulturhauptstädten Europas 2020 und 2021 vorzuschlagen, ihre Aktivitäten zu verlängern oder zu verschieben. Der Vorschlag der Kommission liegt nun dem Europäischen Parlament und dem Rat zur Prüfung und endgültigen Annahme vor.
Quelle: Europäische Kommission, Medienservice Sachsen