Hauptinhalt

Newsletter vom 20. April 2020

Europäischer Fahrplan

© Sächsische Staatskanzlei

Gemeinsame Strategie zum Ausstieg

(JB) Am 15. April 2020 hat die Europäische Kommission in Zusammenarbeit mit dem Präsidenten des Europäischen Rates einen Europäischen Fahrplan für die schrittweise Aufhebung der infolge der Ausbreitung des Coronavirus getroffenen Eindämmungsmaßnahmen vorgelegt. Unter Berücksichtigung der Besonderheiten jedes Landes enthält der europäische Fahrplan die folgenden zentralen Grundsätze:

Auf das Timing kommt es an. Der Entscheidung, dass der Zeitpunkt zur Lockerung der Eindämmungsmaßnahmen gekommen ist, sollten folgende Kriterien zugrunde liegen:

  • Epidemiologische Kriterien, die belegen, dass die Ausbreitung der Seuche erheblich zurückgegangen ist und eine Stabilisierung über einen längeren Zeitraum eingetreten ist.
  • Ausreichende Kapazität des Gesundheitssystems, z. B. in Bezug auf die Belegungsrate von Intensivpflegeeinrichtungen sowie die Verfügbarkeit von Gesundheitspersonal und medizinischem Material.
  • Ausreichende Überwachungskapazitäten, einschließlich umfangreicher Testkapazitäten zur raschen Ermittlung und Isolierung infizierter Personen sowie Kapazitäten zur Verfolgung und Rückverfolgung.

Brauchen einen europäischen Ansatz. Der Zeitplan und die Modalitäten für die Aufhebung der Eindämmungsmaßnahmen sind von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich, wir benötigen jedoch einen gemeinsamen Rahmen mit folgenden Grundlagen:

  • Wissenschaftliche Erkenntnisse mit dem Schutz der öffentlichen Gesundheit im Mittelpunkt, wobei zu berücksichtigen ist, dass bei der Aufhebung der restriktiven Maßnahmen die Vorteile für die öffentliche Gesundheit einerseits und die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen andererseits gegeneinander abgewogen werden müssen.
  • Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten zur Vermeidung negativer Effekte. Dies ist eine Frage von gemeinsamem europäischem Interesse.
  • Respekt und Solidarität. Diese sind sowohl für gesundheitliche als auch für sozioökonomische Aspekte von grundlegender Bedeutung. Bevor die Mitgliedstaaten Maßnahmen aufheben, sollten sie als Minimum die anderen Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission rechtzeitig darüber unterrichten und deren Standpunkte berücksichtigen.

Die schrittweise Aufhebung der Eindämmungsmaßnahmen erfordert flankierende Maßnahmen, z. B.:

  • Erhebung harmonisierter Daten und Entwicklung eines robusten Meldesystems zur Ermittlung von Kontaktpersonen, auch mithilfe digitaler Instrumente unter uneingeschränkter Wahrung des Datenschutzes.
  • Ausweitung der Testkapazitäten und Harmonisierung der Testverfahren. Die Europäische Kommission hat am 15. April 2020 – in Konsultation mit dem Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten – Leitlinien für verschiedene Coronavirus-Tests und deren Leistungsfähigkeit vorgelegt.
  • Ausbau der Kapazitäten und der Krisenfestigkeit der nationalen Gesundheitssysteme‚ insbesondere zur Bewältigung der prognostizierten Zunahme von Infektionen nach Aufhebung der restriktiven Maßnahmen.
  • Weiterer Ausbau der Kapazitäten für die Bereitstellung medizinischer und persönlicher Schutzausrüstungen.
  • Entwicklung sicherer und wirksamer Behandlungen und Arzneimittel sowie Entwicklung und beschleunigte Einführung eines Impfstoffs, um dem Ausbruch ein Ende zu setzen.

Nächste Schritte:
Der Fahrplan der Europäischen Kommission enthält konkrete Empfehlungen, die die Mitgliedstaaten berücksichtigen sollten, wenn sie die Aufhebung von Eindämmungsmaßnahmen planen:

  • Die Aufhebung sollte schrittweise erfolgen: Die Maßnahmen sollten schrittweise aufgehoben werden mit ausreichendem zeitlichem Abstand zwischen den einzelnen Schritten, damit deren Wirkung gemessen werden kann.
  • Allgemeine Maßnahmen sollten nach und nach durch gezielte Maßnahmen ersetzt werden. Beispielsweise sollten die am stärksten gefährdeten Gruppen länger geschützt werden; Erleichterung der schrittweisen Wiederaufnahme notwendiger wirtschaftlicher Tätigkeiten; intensivere regelmäßige Reinigung und Desinfektion von Verkehrsknotenpunkten, Geschäften und Arbeitsplätzen; Ersetzung allgemeiner Notstandsregelungen durch gezielte staatliche Maßnahmen, um Transparenz und die demokratische Rechenschaftspflicht zu gewährleisten.
  • Die Kontrollen an den Binnengrenzen sollten in koordinierter Weise aufgehoben werden. Reisebeschränkungen und Grenzkontrollen sollten aufgehoben werden, sobald die epidemiologische Lage in den Grenzregionen hinlänglich vergleichbar ist. Die Außengrenzen sollten in einer zweiten Phase wieder geöffnet werden, wobei die Verbreitung des Virus außerhalb der Europäischen Union zu berücksichtigen ist.
  • Die Wiederaufnahme der Wirtschaftstätigkeit sollte schrittweise erfolgen: Es gibt mehrere Modelle, die umgesetzt werden können (z. B. für Telearbeit geeignete Tätigkeiten, wirtschaftliche Bedeutung, Arbeiten in Schichten usw.). Die gesamte Bevölkerung sollte nicht gleichzeitig an den Arbeitsplatz zurückkehren.
  • Versammlungen von Menschen sollten nach und nach erlaubt sein, wobei auf die Besonderheiten der verschiedenen Tätigkeitskategorien zu achten ist, z. B.: erst die Schulen und Universitäten, dann kommerzielle Tätigkeit (Einzelhandel) mit möglicher Abstufung, dann gesellschaftliche Tätigkeiten (Restaurants, Cafés) mit möglicher Abstufung und dann erst Massenveranstaltungen.
  • Die Bemühungen, die Ausbreitung des Virus zu verhindern, sollten fortgesetzt werden, mit Sensibilisierungskampagnen, um die Bevölkerung anzuhalten, weiterhin auf strikte Hygiene und räumliche Distanzierung zu achten.
  • Die Maßnahmen sollten kontinuierlich überwacht werden‚ und es sollte Vorsorge für die Rückkehr zu strikteren Eindämmungsmaßnahmen getroffen werden, sollten diese erforderlich sein.

Während die Eindämmungsmaßnahmen schrittweise aufgehoben werden, ist eine strategische Planung der Erholung erforderlich, um die Wirtschaft wiederzubeleben und zu einem nachhaltigen Wachstum zurückzufinden. In diesem Zusammenhang gilt es auch, den zweifachen Übergang zu einer »grüneren« und digitalen Gesellschaft zu ermöglichen und Lehren aus der derzeitigen Krise für die Vorsorge und Krisenfestigkeit der Europäischen Union zu ziehen.

Die Europäische Kommission wird dazu auf der Grundlage eines überarbeiteten Vorschlags für den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen 2021 – 2027 und des aktualisierten Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2020 einen Erholungsplan ausarbeiten.

(Quelle: Europäische Kommission)

Finanzelle Bewältigung der Corona-Krise

© Sächsische Staatskanzlei

EU-Finanzminister einigen sich auf ein umfassendes Hilfspaket

(JB) Nach äußerst schwierigen und harten Diskussionen in den letzten Tagen haben sich die Eurogruppe und die Finanzminister der Nicht-Euroländer am späten Abend des 9. April 2020 auf ein Hilfspaket von mehr als 500 Mrd. Euro für Arbeitnehmer, Unternehmen und bedrohte Mitgliedstaaten im Kampf gegen die Corona-Wirtschaftskrise geeinigt. Die Einigung gelang jedoch nur, weil der größte Streitpunkt, nämlich die Frage der gemeinschaftlichen Schuldenaufnahme über sogenannte Corona-Bonds vertagt wurde.

Die Übereinkunft besteht aus drei Hilfsmaßnahmen, die schnellstmöglich umgesetzt werden sollen, sowie der beabsichtigten Schaffung eines Wiederaufbaufonds und beinhaltet folgende Schwerpunkte:

Sicherheitsnetz:
Hier soll eine Pandemie-Krisenunterstützung als Hilfe für die Euroländer auf der Grundlage vorsorglicher Kreditlinien (ECCL) des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) von bis zu 240 Mrd. Euro eingerichtet werden. Die Gewährung der Kredite wird zwar nicht an besondere Bedingungen geknüpft, aber das Geld soll nur für die direkte oder indirekte Finanzierung von Maßnahmen zur Gesundheitsvorsorge oder Behandlungs- bzw. Vorsorgemaßnahmen im Zusammenhang mit der Covid19-Krise verwendet werden dürfen. Ziel ist es, dass die Gelder nach Zustimmung durch die Staats- und Regierungschefs bereits in zwei Wochen zur Verfügung gestellt werden können, zeitlich befristet bis zum Ende der Covid19-Krise.

EU-weiter Garantiefonds:
Des Weiteren soll bei der Europäischen Investitionsbank (EIB) unter Einbeziehung der nationalen Förderbanken ein Garantiefonds in Höhe von 25 Mrd. Euro mit dem Ziel eines Unterstützungsvolumens von insgesamt 200 Mrd. Euro zur Finanzierung von Unternehmen, insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen geschaffen werden.

Kurzarbeiterprogramm SURE:
Zum Schutz der Beschäftigten unter den spezifischen Umständen durch die Covid19-Krise soll ein vorübergehendes kreditbasiertes Instrument mit einem Volumen von bis zu 100 Mrd. Euro eingerichtet werden.

Ebenfalls Teil der Einigung ist die Absicht, einen Wiederaufbaufonds (recovery fund) zur Unterstützung der wirtschaftlichen Erholung zu schaffen. Bekanntlich wollen einige Länder dafür Gemeinschaftsanleihen ausgeben, während andere - darunter Deutschland, Niederlande und Österreich – sogenannte Corona-Bonds ablehnen.

Weitere wichtige Aspekte des Kompromisspakets beziehen sich auf den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen 2021 – 2027 (MFR), der nach Ansicht der EU-Finanzminister an die neuen Herausforderungen durch die Covid19-Krise entsprechend angepasst werden und beim Wiederaufbau eine zentrale Rolle spielen soll. Gleichlautende Forderungen gibt es auch aus dem Europäischen Parlament. Vorlage der neuen MFR-Vorschläge ist für den 29. April 2020 geplant.

Darüber hinaus sollen ein Fahrplan und ein Aktionsplan für den Wiederaufbau der europäischen Wirtschaft erarbeitet werden.

EU-Ratspräsident Charles Michel bezeichnete die Einigung als bedeutenden Durchbruch und kündigte eine Sitzung der Staats- und Regierungschefs (Videokonferenz) für den 23. April 2020 an.

Rat der Europäischen Union nimmt einheitliches EU-Klassifikationssystem für ein nachhaltiges Finanzwesen an

(JB) Der Rat der Europäischen Union hat am 15. April 2020 eine Verordnung angenommen, mit der ein EU-weites Klassifikationssystem – auch Taxonomie genannt – eingeführt wird, das Unternehmen und Investoren eine gemeinsame Terminologie an die Hand gibt, sodass sie erkennen können, welche Wirtschaftstätigkeiten als ökologisch nachhaltig angesehen werden können.

Diese Taxonomie ermöglicht es Investoren, ihre Investitionen vorrangig auf nachhaltige Technologien und Unternehmen zu verlagern. Sie wird entscheidend dazu beitragen, dass die Europäische Union bis 2050 Klimaneutralität und die Ziele des Pariser Übereinkommens für 2030 erreichen kann. Dazu zählt eine Verringerung der Treibhausgasemissionen um 40 Prozent, wofür die Europäische Union nach Schätzungen der Europäischen Kommission eine Investitionslücke von rund 180 Mrd. Euro pro Jahr schließen muss.

Der künftige Rahmen beruht auf sechs Umweltzielen der Europäischen Union:

  • Klimaschutz,
  • Anpassung an den Klimawandel,
  • nachhaltige Nutzung sowie Schutz von Wasser- und Meeresressourcen,
  • Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft,
  • Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung sowie
  • Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme.

Die Taxonomie für den Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel soll bis Ende 2020 erstellt werden, damit sie ab Ende 2021 in vollem Umfang angewandt werden kann. Für die übrigen vier Ziele soll sie bis Ende 2021 vorliegen und ab Ende 2022 angewandt werden.

Die Annahme durch den Rat der Europäischen Union erfolgte im Wege des schriftlichen Verfahrens und bedeutet, dass er seinen Standpunkt in erster Lesung festgelegt hat. Die Verordnung muss jetzt noch vom Europäischen Parlament in zweiter Lesung angenommen werden, bevor sie im Amtsblatt veröffentlicht werden und in Kraft treten kann.

(Quelle: Rat der Europäischen Union)

Europäische Union ändert zur Bewältigung der Corona-Krise den Haushaltsplan 2020

(JB) Am 14. April 2020 hat der Rat der Europäischen Union im schriftlichen Verfahren zur Bewältigung der Corona-Pandemie die Berichtigung des EU-Haushalts für das Jahr 2020 angenommen. Danach stellt die Europäische Union für das laufende Haushaltsjahr fast die gesamten verbleibenden Mittel aus dem EU-Haushalt für die Bekämpfung der Pandemie zur Verfügung.

Es werden auch Mittel bereitgestellt, um Griechenland bei der Bewältigung des zunehmenden Migrationsdrucks behilflich zu sein und Albanien beim Wiederaufbau nach dem Erdbeben zu unterstützen.

Die Verpflichtungen wurden insgesamt um 3,57 Mrd. Euro auf 172,2 Mrd. Euro erhöht. Die Zahlungen wurden um 1,6 Mrd. Euro auf insgesamt 155,2 Mrd. Euro aufgestockt.

Nach dem Entwurf werden die Verpflichtungen um 567 Mio. Euro und die Zahlungen um 77 Mio. Euro aufgestockt.

  • 115 Mio. Euro sind für Kofinanzierungsmaßnahmen zur Bewältigung des Covid19-Ausbruchs vorgesehen. Dazu gehört auch die Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Rückholung von im Ausland festsitzenden Bürgerinnen und Bürgern sowie die Beschaffung persönlicher Schutzausrüstungen im Wege gemeinsamer Beschaffungen. Ein weiterer Betrag von 3,6 Mio. Euro steht bereit für die Verstärkung des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC).
  • 350 Mio. Euro werden zur Unterstützung Griechenlands bereitgestellt, da das Land mit einem zunehmenden Migrationsdruck konfrontiert ist. Die Mittel werden verwendet, um Aufnahmeeinrichtungen zu schaffen und die Asylsysteme und -verfahren sowie den Schutz der Außengrenzen Griechenlands und Bulgariens zu verbessern. Einige dieser Maßnahmen werden auch bei der Bewältigung des Covid19-Ausbruchs behilflich sein, da Migranten und Flüchtlinge eine besonders gefährdete Gruppe darstellen.
  • 100 Mio. Euro werden für die Unterstützung des Wiederaufbaus in Albanien nach dem Erdbeben vom 26. November 2019 bereitgestellt.
  • Einige geringfügigere Anpassungen werden in Bezug auf die Europäische Staatsanwaltschaft, den Europäischen Rechnungshof und den Bürgerbeauftragten vorgenommen.

Zusätzlich sind im Entwurf 3 Mrd. Euro an Verpflichtungen und 1,53 Mrd. Euro an Zahlungen für die Bewältigung der Covid19-Pandemie vorgesehen.

  • 2,7 Mrd. Euro werden für die Finanzierung der Bereitstellung von Soforthilfe im Gesundheitswesen verwendet, wie etwa für die Bevorratung und Verteilung wesentlicher Ressourcen, die Einrichtung von provisorischen Krankenhäusern und die grenzüberschreitende Beförderung von Patientinnen und Patienten. Durchgeführt werden diese Maßnahmen über das Soforthilfeinstrument (ESI), das 2016 geschaffen wurde, um den massiven Zustrom von Flüchtlingen nach Griechenland zu bewältigen. Zu diesem Zweck hat der Rat der Europäischen Union parallel eine Verordnung zur Reaktivierung des ESI und zur Erweiterung des Anwendungsbereichs dieses Instruments angenommen.
  • Die restlichen 300 Mio. Euro werden für den Ausbau der Kapazitäten für die Bevorratung, Koordinierung und Verteilung wichtiger medizinischer Güter – wie etwa Schutzausrüstungen und Beatmungsgeräte – verwendet. Diese Maßnahmen werden über das Katastrophenschutzverfahren der Europäischen Union/rescEU finanziert.

Finanzierung:
Im geänderten Haushaltsplan werden die Verpflichtungen unter Rubrik 3 (Sicherheit und Unionsbürgerschaft) des mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) um 3,4 Mrd. Euro aufgestockt. Dieser Betrag wird über bestehende besondere Instrumente finanziert, die die Europäische Union zur Reaktion auf unvorhergesehene Ereignisse einsetzen kann, und zwar über den Gesamtspielraum für Mittel für Verpflichtungen für einen Betrag von 2,4 Mrd. Euro das Flexibilitätsinstrument für einen Betrag von 316 Mio. Euro sowie den Spielraum für unvorhergesehene Ausgaben für den Saldo in Höhe von 714,6 Mio. Euro.

Die Verpflichtungen unter Rubrik 4 (Europa in der Welt) wurden im überarbeiteten Haushaltsplan um 145 Mio. Euro aufgestockt. Dieser Betrag wird über den im Rahmen dieser Rubrik verfügbaren Spielraum an nicht zugewiesenen Mitteln (248 Mio. Euro) finanziert.

Damit sind der Gesamtspielraum für Mittel für Verpflichtungen und das Flexibilitätsinstrument vollständig ausgeschöpft. Um das alles zu ermöglichen, hat der Rat der Europäischen Union eine Änderung an der MFR-Verordnung angenommen, mit der die Beschränkungen des Anwendungsbereichs des Gesamtspielraums für Mittel für Verpflichtungen aufgehoben werden. Der Rat der Europäischen Union verabschiedete ferner einen Vorschlag zur Anpassung der über das Flexibilitätsinstrument in Anspruch genommenen Mittel sowie einen Vorschlag zur Inanspruchnahme des Spielraums für unvorhergesehene Ausgaben.

Das Europäische Parlament hat auf seiner Plenartagung am 16. April 2020 dem Berichtigungshaushaltsplan für 2020 zugestimmt. Das Europäische Parlament wird ferner seinen Standpunkt zu den drei Vorschlägen zu den speziellen Finanzinstrumenten festlegen.

(Quelle: Rat der Europäischen Union)

Wirtschaftspolitik in der Corona-Krise

© Sächsische Staatskanzlei

Europäische Kommission gibt 1 Mrd. Euro aus dem Europäischen Fonds für strategische Investitionen frei

(CL) Die Europäische Kommission hat 1 Mrd. Euro aus dem Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) freigegeben, die als Garantie für den Europäischen Investitionsfonds (EIF) dienen soll. Der Europäische Investitionsfonds gehört zur Europäischen Investitionsbank-Gruppe. Er kann dadurch besondere Garantien stellen, die Banken und anderen Kreditgebern Anreize bieten, um mindestens 100.000 europäischen kleinen und mittleren Unternehmen sowie kleinen Midcap-Unternehmen, die von den wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie betroffen sind, Liquidität zur Verfügung zu stellen. Es wird erwartet, dass dadurch Finanzmittel in Höhe von 8 Mrd. Euro mobilisiert werden können.

Eine der unmittelbaren wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Pandemie ist der abrupte Liquiditätsmangel bei kleinen und mittleren Unternehmen. Diese sind von Krisen meist besonders stark betroffen und benötigen deshalb in besonderem Maße Liquidität, damit sie die Krise überstehen können. Gleichzeitig steigt bei solchen Liquiditätsengpässen das wahrgenommene Risiko plötzlich stark, sodass die Banken wenig geneigt sind, kleinen und mittleren Unternehmen Kredite zu gewähren. Deshalb können EU-Garantien zur Unterlegung solcher Darlehen eine wichtige Sicherheit darstellen. Durch die nunmehr getroffene Entscheidung kann der Europäischen Investitionsfonds spezielle EFSI-besicherte Garantien auf den Markt bringen, um die Auswirkungen der Pandemie auf kleine und mittlere Unternehmen sowie kleine Midcap-Unternehmen einzudämmen.

Mit der 1 Mrd. Euro, die im Rahmen der COSME-Kreditbürgschaftsfazilität (COSME - EU-Programm für die Wettbewerbsfähigkeit von kleinen und mittleren Unternehmen) dem Europäischen Fonds für strategische Investitionen und unter Horizont 2020 durch »InnovFin – Garantien für kleine und mittlere Unternehmen« bereitgestellt wird, ist der Europäischen Investitionsfonds in der Lage, Finanzintermediären Garantien in Höhe von 2,2 Mrd. Euro zur Verfügung zu stellen, wodurch 8 Mrd. Euro an Finanzmitteln mobilisiert werden können. Die Garantien werden vom Europäischen Investitionsfonds über eine Aufforderung zur Interessenbekundung, die sich an mehrere hundert Finanzintermediäre, darunter Banken und alternative Kreditgeber, richtet, auf den Markt gebracht. Die Garantien haben folgende besondere Merkmale:

  • Vereinfachter und schnellerer Zugang zur EIF-Garantie,
  • Höhere Risikodeckung – bis zu 80 Prozent der potenziellen Verluste aus Einzelkrediten (der Standardwert beträgt 50 Prozent),
  • Schwerpunkt auf Betriebsmittelkrediten in der gesamten Europäischen Union,
  • Flexiblere Bedingungen, einschließlich Möglichkeiten für Zurückstellung, Umschuldung oder Tilgungsaufschub.

Zugang sollen sowohl neue als auch bestehende Finanzintermediäre haben, die bereits mit dem Europäischen Investitionsfonds zusammenarbeiten. Diese sollen mehr als hunderttausend Unternehmen, die Garantien im Rahmen der COSME-Kreditbürgschaftsfazilität und der InnovFin-Programme erhalten, Sonderbedingungen bieten.

Mobilitätspaket und Wahrung der Freizügigkeit

© Sächsische Staatskanzlei

Mobilitätspaket: Rat der Europäischen Union verabschiedet Reform des Regelwerks für Lkw-Fahrer

(UD) Der Rat der Europäischen Union hat am 7. April 2020 das sogenannte Mobilitätspaket, eine umfassende Reform des Straßenverkehrssektors der Europäischen Union, angenommen. Mit den neuen Vorschriften werden die Arbeitsbedingungen der Kraftfahrer verbessert, besondere Regeln für die Entsendung von Kraftfahrern im grenzüberschreitenden Verkehr eingeführt und die Bestimmungen über den Marktzugang im Güterkraftverkehr aktualisiert. Sie werden auch zu einer effizienteren Durchsetzung führen. Der Vorsitz des Rates der Europäischen Union und das Europäische Parlament hatten diesbezüglich am 11. Dezember 2019 eine vorläufige Einigung erzielt. Der vereinbarte Text wurde am 20. Dezember 2019 vom Ausschuss der Ständigen Vertreter des Rates gebilligt, und der Rat der Europäischen Union hat die politische Einigung am 20. Februar 2020 bestätigt.

Die neuen Regeln sollen für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen besseren Arbeits- und Sozialbedingungen für die Fahrer und der unternehmerischen Freiheit, grenzüberschreitende Dienstleistungen zu erbringen, sorgen, werden aber auch zur Sicherheit im Straßenverkehr beitragen. Darüber hinaus werden sie für den Sektor Klarheit in Bezug auf bisher mehrdeutige Bestimmungen schaffen und deren uneinheitlicher Anwendung in den einzelnen Mitgliedstaaten ein Ende setzen.

Das Paket besteht aus einer Verordnung, die den Marktzugang im Güterkraftverkehr und den Zugang zum Beruf des Güter- oder Personenkraftverkehrsunternehmers regelt, einer Verordnung über maximale Arbeitszeiten und Mindestruhezeiten für Kraftfahrer sowie über die Positionsbestimmung mittels Fahrtenschreibern und einer Richtlinie zur Überarbeitung der Durchsetzungsanforderungen und zur Festlegung von Vorschriften für die Entsendung von Kraftfahrern.

Die Vorschriften der Marktzugangsverordnung und der Entsenderichtlinie gelten 18 Monate nach dem Inkrafttreten der Rechtsakte. Die Vorschriften der Lenkzeitverordnung gelten – abgesehen von den besonderen Fristen für Fahrtenschreiber – ab dem zwanzigsten Tag nach der Veröffentlichung.

(Quelle: Europäische Union)

Coronavirus: praktische Leitlinien für die Wahrung der Freizügigkeit systemrelevanter Arbeitskräfte

(UD) Die Europäische Kommission hat neue praktische Hinweise vorgelegt, wie sichergestellt werden kann, dass mobile Arbeitskräfte in der Europäischen Union und insbesondere diejenigen, die in systemrelevanten Funktionen gegen die Coronavirus-Pandemie kämpfen, an ihren Arbeitsplatz gelangen können.

Dazu gehören unter anderem Arbeitskräfte im Gesundheitsbereich und in der Lebensmittelbranche sowie in anderen wesentlichen Dienstleistungsbereichen wie Kinderbetreuung oder Altenpflege, aber auch systemrelevantes Personal in Versorgungsunternehmen.

Es ist zwar verständlich, dass Mitgliedstaaten Kontrollen an den Binnengrenzen eingeführt haben, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, doch müssen systemrelevante Arbeitskräfte ihr Ziel trotzdem unbedingt ohne Zeitverlust erreichen können.

In den am 30. März 2020 veröffentlichten Leitlinien werden Arbeitskräfte mit systemrelevanten Aufgaben aufgeführt, für die die Wahrung der Freizügigkeit in der Europäischen Union als wesentlich erachtet wird. Die Liste in diesen Leitlinien ist nicht erschöpfend.

In den Leitlinien wird außerdem klargestellt, dass die Mitgliedstaaten über die genannten Berufsgruppen hinaus Grenzgängern generell den Grenzübertritt für ihre Arbeit gestatten sollten, wenn die Beschäftigung in dem betreffenden Bereich im Aufnahmemitgliedstaat weiterhin erlaubt ist. Die Mitgliedstaaten sollten Grenzgänger und einheimische Arbeitskräfte gleichbehandeln.

In Bezug auf Saisonarbeitskräfte, insbesondere in der Landwirtschaft, werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, Informationen über ihren jeweiligen Bedarf in den bestehenden Fachgremien auszutauschen und spezifische Verfahren zur Gewährleistung eines reibungslosen Grenzübertritts für die betreffenden Grenzgänger einzuführen, um auf den krisenbedingten Arbeitskräftemangel zu reagieren.

(Quelle: Europäische Kommission)

Asylpolitik in Zeiten von Corona

© Sächsische Staatskanzlei

Deutschland und Luxemburg nehmen erste Flüchtlingskinder aus Griechenland auf

(AV) Am frühen Morgen des 15. April 2020 sind die ersten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingskinder von Griechenland aus nach Luxemburg geflogen worden. Die zwölf Kinder kommen aus den Lagern der griechischen Inseln Lesbos, Chios und Samos. Am 18. April 2020 flogen 48 weitere Kinder nach Deutschland und bleiben in Niedersachsen für zwei Wochen in Quarantäne. In den nächsten Wochen werden 20 weitere Kinder in die Schweiz gebracht.

Die Umsiedlung erfolgt im Rahmen eines Programms, das die Europäische Kommission und die griechischen Behörden mit Unterstützung des Flüchtlingskommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR), der Internationalen Organisation für Migration (IOM) und des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO) organsiert haben.

Bislang haben die Mitgliedstaaten 1.600 Plätze zugesagt. Die Initiative richtet sich in erster Linie an unbegleitete Minderjährige, kann aber auch Kinder mit ihren Familien mit besonderen Bedürfnissen einschließen. Bislang nehmen folgende zehn Mitgliedstaaten, die sogenannte »Koalition der Willigen«, an der Initiative teil: Belgien, Bulgarien, Frankreich, Kroatien, Finnland, Deutschland, Irland, Portugal, Luxemburg und Litauen sowie die Schweiz. Die meisten Mitgliedstaaten hatten jedoch wegen der Corona-Krise ihre Zusagen entweder zurückgezogen oder auf unbestimmte Zeit verschoben.

Auf den griechischen Inseln befinden sich nach Angaben von Griechenland derzeit mehr als 42.000 Migranten, darunter rund 1.500 unbegleitete Minderjährige.

Außerdem hat die Europäische Kommission zusätzliche finanzielle Mittel für Griechenland in Höhe von bis zu 700 Mio. Euro angekündigt, um das Grenz- und Migrationsmanagement, erweiterte operative Einsätze der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) und das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen sowie die Einführung des Katastrophenschutzverfahrens zu unterstützen.

Asyl und Corona: Europäische Kommission veröffentlicht Leitlinien als Orientierungshilfe

(AV) Die Europäische Kommission gibt Mitgliedstaaten Orientierungshilfe zur Anwendung von Asylrecht. Dazu hat sie am 17. April 2020 Leitlinien veröffentlicht.

Nach Ansicht der Europäischen Kommission hat die Corona-Pandemie direkte Auswirkungen auf die Art und Weise, wie die Asyl- und Rückführungsvorschriften der Europäische Union umgesetzt werden, und hat zum Abbruch der Neuansiedlungsmaßnahmen geführt.

Die Europäische Kommission entspricht mit der Erarbeitung der Leitlinien einem Ersuchen der Mitgliedstaaten um Orientierungshilfe hinsichtlich der Möglichkeiten, mit denen die Kontinuität der Verfahren und zumindest die Achtung der Grundrechte gewährleistet werden können. Die Leitlinien wurden mit der Unterstützung des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO) und der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) sowie in Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden erstellt.

Hier ein Überblick:

Asylverfahren
Die Gesundheitsmaßnahmen zur Begrenzung der sozialen Kontakte zwischen Asylpersonal und Antragstellern haben auch Folgen für die Asylverfahren. Hier sollte die in den EU-Vorschriften vorgesehene Flexibilität genutzt werden:

  • Die Registrierung und Bearbeitung von Anträgen sollte fortgesetzt werden. Allerdings sollte bei den Fristen und der Dauer der Bearbeitung und Prüfung von Anträgen ein Höchstmaß an Flexibilität gestattet sein. Verzögerungen bei der Registrierung sollten jedoch nicht bedeuten, dass für Antragsteller keine Aufnahmebedingungen vorgesehen werden.
  • Persönliche Befragungen können mit besonderen Vorkehrungen durchgeführt werden, z. B. auf Distanz per Videokonferenz oder gegebenenfalls sogar unterlassen werden.
  • Dublin-Verordnung: Eine enge Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten ist von grundlegender Bedeutung für das reibungslose Funktionieren des Dublin-Systems Die Europäische Kommission fordert alle Mitgliedstaaten auf, die Überstellung von Antragstellern wieder aufzunehmen, sobald dies angesichts der Entwicklung der Lage praktisch möglich ist. Bevor eine Überstellung vorgenommen wird, sollten die Mitgliedstaaten jeweils die Corona-Situation und den damit einhergehenden starken Druck auf das Gesundheitssystem in dem zuständigen Mitgliedstaat berücksichtigen. Können Überstellungen an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat nicht innerhalb der geltenden Frist durchgeführt werden, können die Mitgliedstaaten dennoch bilateral vereinbaren, die Überstellung zu einem späteren Zeitpunkt durchzuführen, was beispielsweise im Falle unbegleiteter Minderjährige und der Familienzusammenführung empfohlen wird. Die Europäische Kommission und das Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen sind bereit, die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten zu erleichtern.
  • Aufnahmebedingungen: Quarantänemaßnahmen und Isolierungsmaßnahmen müssen angemessen, verhältnismäßig und nichtdiskriminierend sein. Antragsteller müssen die erforderliche medizinische Versorgung erhalten. In Haft genommene Antragsteller sollten weiterhin Zugang zum Freien haben, und etwaige Einschränkungen, wie etwa eine Begrenzung der Besucherzahlen, müssen ihnen sorgfältig erläutert werden.
  • Abnahme von Fingerabdrücken: In Fällen, in denen es aufgrund von Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit nicht möglich ist, die Fingerabdrücke eines Antragstellers abzunehmen, sollten die Mitgliedstaaten im Einklang mit der Eurodac-Verordnung so bald wie möglich, spätestens jedoch 48 Stunden nach Wegfall dieser gesundheitlichen Gründe, Fingerabdrücke abnehmen.

Neuansiedlung
Der COVID-19-Ausbruch hat zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen der Neuansiedlungsmaßnahmen geführt: Die Mitgliedstaaten, der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) und die Internationale Organisation für Migration (IOM) haben Neuansiedlungsmaßnahmen vorübergehend ausgesetzt. Die vorbereitenden Maßnahmen sollten so weit wie möglich fortgesetzt werden, damit die Neuansiedlungsmaßnahmen zu einem späteren Zeitpunkt reibungslos wieder aufgenommen werden können. Die Europäische Kommission wird die Mitgliedstaaten weiterhin bei der Erfüllung ihrer Zusagen für 2020 unterstützen und Flexibilität in Bezug auf den Durchführungszeitraum gewähren.

Rückkehr/Rückführung
Weltweite Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie haben erheblichen Einfluss auf Rückkehr und Rückführungen. Trotz der vorübergehenden Unterbrechung aufgrund des COVID-19-Ausbruchs sollte die Arbeit an Verfahren zur Rückführung in Drittländer fortgesetzt werden, insbesondere in Bezug auf Tätigkeiten, die trotz restriktiver Maßnahmen durchgeführt werden können, um eine reibungslose Wiederaufnahme der Rückführungsaktionen vorzubereiten. Mehr denn je sollte der freiwilligen Rückkehr Vorrang eingeräumt werden, auch weil sie mit einem geringeren Gesundheits- und Sicherheitsrisiko verbunden ist. Frontex ist bereit, die Mitgliedstaaten bei der Organisation von Rückführungen auf dem Luftweg zu unterstützen. Eine enge Zusammenarbeit und Kontakte mit Drittländern bei der Identifizierung, Dokumentation und Rückführung ihrer Staatsangehörigen sollten ebenfalls aufrechterhalten werden. Was die Abschiebungshaft anbelangt, so sollte aus den vorübergehenden Beschränkungen während der Pandemie nicht automatisch geschlossen werden, dass in allen Fällen keine hinreichende Aussicht auf Abschiebung mehr besteht. Die Europäische Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, jeden Fall einzeln zu prüfen, um festzustellen, ob noch eine hinreichende Aussicht auf Abschiebung besteht, wenn sie über geeignete Maßnahmen entscheiden.

Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte

© Sächsische Staatskanzlei

Europäischer Gerichtshof: Tätigkeit der polnischen Disziplinarkammer muss ausgesetzt werden

(KS) Am 8. April 2020 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) einem durch die Europäische Kommission im Januar 2020 gestellten Antrag auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung stattgegeben. Der Antrag betraf die Anwendung der polnischen Bestimmungen über die Zuständigkeiten der im Zuge der Justizreform in Polen geschaffenen neuen Disziplinarkammer in Disziplinarsachen gegen Richter. Mit der Entscheidung des EuGHs sind diese Bestimmungen somit unverzüglich bis zur Verkündung des Endurteils in dem zugrundeliegenden Vertragsverletzungsverfahren auszusetzen.

In dem zugrundeliegenden Vertragsverletzungsverfahren, macht die Europäische Kommission insbesondere geltend, dass die 2018 erlassene neue Disziplinarordnung für Richter die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Disziplinarkammer, welche ausschließlich aus Richtern, die vom Landesrat für Gerichtswesen, einem vom polnischen Parlament gewähltem Gremium, ausgewählt wurden, nicht gewährleiste. Die Disziplinarordnung sieht u. a. vor, dass Richter an ordentlichen Gerichten wegen des Inhalts ihrer richterlichen Entscheidungen, einschließlich ihrer Entscheidung, den EuGH um Vorabentscheidungen zu ersuchen, disziplinarrechtlich verfolgt werden können. Daneben ermächtigt die Disziplinarordnung den Präsidenten der Disziplinarkammer, für ein konkretes Verfahren gegen einen ordentlichen Richter das Disziplinargericht erster Instanz ad hoc und nach fast freiem Ermessen zu bestimmen. Auch sind Disziplinarsachen nicht mehr innerhalb einer angemessenen Frist zu bearbeiten.

Bereits am 5. Dezember 2019 sowie erneut am 15. Januar 2020 hatte eine andere Kammer des polnischen Obersten Gerichts, aufgrund einer im Vorabentscheidungsverfahren ergangenen Entscheidung des EuGH (verbundene Entscheidung C585/18, C624/18 und C625/18), festgestellt, dass die Disziplinarkammer des Obersten Gerichts nicht den Anforderungen des EU-Rechts an die richterliche Unabhängigkeit entspreche und daher kein unabhängiges Gericht im Sinne des EU-Rechts und des nationalen Rechts darstelle. Die Disziplinarkammer blieb jedoch weiterhin tätig.

In seinem Beschluss vom 8. April 2020 stellte der EuGH nunmehr fest, dass die Organisation der Justiz zwar in die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten falle, die nationalen Gerichte jedoch Bestandteil der Rechtsbehelfssysteme in den vom Unionsrecht erfassten Bereichen seien. Notwendigerweise müssen die Mitgliedsstaaten daher dafür Sorge tragen, dass die nationale Disziplinarordnung für Richter dem Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit entspreche. Im Hinblick auf die polnische Disziplinarordnung ergebe aber bereits die bloße Aussicht für einen Richter Gefahr zu laufen, mit einem Disziplinarverfahren vor einer Disziplinarkammer belangt zu werden, deren Unabhängigkeit nicht gewährleistet werden kann, die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der eigenen Unabhängigkeit. Aufgrund des Umstandes, dass die Unabhängigkeit nicht gewährleistet sei, sei ein schwerer Schaden für die Unionsrechtsordnung und die sich aus Artikel 2 des Vertrages über die Europäische Union ergebenden Grundwerte der Union, insbesondere der Rechtsstaatlichkeit, nicht auszuschließen, so dass auch die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung vorausgesetzte Dringlichkeit vorliege. Gleiches gelte für die ebenfalls vorzunehmende Interessenabwägung. Durch den Erlass der einstweiligen Anordnung komme es nicht zu einer vollständigen Auflösung der Disziplinarkammer, sondern lediglich zu einer vorübergehenden Aussetzung der Tätigkeit bis zur Verkündung des Endurteils.

Für den Fall der Nichtbefolgung der Anordnung durch Polen, hat sich die Europäische Kommission nunmehr das Recht vorbehalten, einen weiteren Antrag auf Anordnung der Zahlung eines Zwangsgeldes zu stellen.

(Quelle: Pressemitteilung des EuGH)

Maßnahmen im Rahmen der COVID-19-Pandemie: Bericht zu Auswirkungen auf die Grundrechte veröffentlicht

(KS) Die Europäische Agentur für Grundrechte hat am 7. April 2020 ihren ersten Sachstandsbericht über die Auswirkungen der derzeitig durch die Mitgliedstaaten ergriffenen Maßnahmen auf die Grundrechte veröffentlicht. Der Bericht geht dabei explizit auf die Bereiche des täglichen Lebens, schutzbedürftige Gruppen, Rassismus und Desinformation sowie Datenschutz ein und umfasst den Zeitraum vom 1. Februar 2020 bis 20. März 2020. Der Bericht soll zudem den Mitgliedstaaten mögliche Ansätze aufzeigen, welche die Achtung der Menschen- und Grundrechte gewährleisten. Geplant sind drei weitere Monatsberichte. Begleitet wird der Bericht von länderspezifischen Berichten zu den jeweils ergriffenen Maßnahmen und ihren Auswirkungen (Bericht zu Deutschland).

Die Agentur stellt in dem Bericht Grundrechtseingriffe in vielen verschiedenen Bereichen fest, wobei insbesondere Rechte von Minderheiten und besonders schutzbedürftiger Menschen, wie Kinder, Ältere, Menschen mit Behinderungen sowie auch Roma und Flüchtlinge, von entsprechenden Auswirkungen betroffen seien.

Dies betreffe neben beispielsweise notwendiger Priorisierungen zulasten älterer Patienten in der Behandlung aufgrund begrenzter Ressourcen für die intensivmedizinische Behandlung, ebenfalls u. a. Besuchsrechte in Einrichtungen (Pflegeheime, Gefängnisse, Asylunterkünfte), welche teilweise ausgesetzt oder aber eingeschränkt seien sowie ebenfalls die Einstellung des Betriebs wichtiger Tagesdienste für Obdachlose, wie zum Beispiel der »Tafel« in Deutschland.

Die Maßnahmen hätten darüber hinaus ein erhöhtes Risiko für geschlechtsspezifische Gewalt zur Folge. So berichten einige Mitgliedstaaten, dass seit Beginn des Covid-19-Ausbruchs mehr Frauen Unterstützungshotlines anriefen. Auch habe die Anzahl rassistischer und fremdenfeindlicher Vorfälle gegen Menschen mit vermeintlich chinesischer oder asiatischer Herkunft zugenommen, darunter verbale Beleidigungen, Belästigungen, körperliche Angriffe und Online-Hassreden.

Den Mitgliedstaaten werde daher empfohlen, gezielte Maßnahmen auszuarbeiten, um den besonderen Bedürfnissen dieser schutzbedürftigen Gruppen Rechnung zu tragen, beispielsweise in der Bereitstellung von Unterkünften für Opfer häuslicher Gewalt oder zugängliche Gesundheitsinformationen für Personen, die möglicherweise keine regelmäßigen Nachrichten empfangen können. Bezüglich rassistischer und fremdenfeindlicher Vorfälle sollten diese genau überwacht werden und dafür Sorge getragen werden, dass derartige Straftaten wirksam gemeldet, untersucht und verfolgt werden können.

Auch Desinformationen über die Covid-19-Pandemie sei in fast allen Mitgliedstaaten weit verbreitet. Viele Mitgliedstaaten haben dem Bericht zufolge hierauf reagiert und stellen proaktiv Informationen auf staatlichen Websites zur Verfügung.

Auch die Justiz sei betroffen. So beeinflussen einige der ergriffenen Maßnahmen u. a. die Arbeit der Gerichte wesentlich. Die Agentur betont daher, dass sich daraus ergebende Auswirkungen auf den Zugang zur Justiz, insbesondere das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein faires Verfahren (Artikel 47 der Grundrechtecharta) zu verhindern sind. Im Bereich der Justiz sind zudem dem Bericht zufolge von den Auswirkungen der Maßnahmen besonders Mitgliedstaaten betroffen die derzeit noch über weniger entwickelte IT-Systemen in ihrer Justiz verfügten.

(Quelle: Pressemitteilung Agentur der Europäischen Union für Grundrechte)

Bildungspolitik

© Sächsische Staatskanzlei

Videokonferenz der europäischen Bildungsminister

(BG) Am 14. April 2020 organisierte die kroatische Ratspräsidentschaft eine Videokonferenz der europäischen Bildungsminister, um über die Auswirkungen der Coronakrise zu beraten.

Das Ziel der Konferenz war ein Erfahrungsaustausch über die Auswirkungen der Pandemie im Bildungsbereich. Die Minister waren sich einig, dass sie sowohl die Sicherheit der Schüler, Studenten und Lehrkräfte als auch die Fortsetzung des Lernens gewährleisten wollen. Weniger Einigkeit bestand hingegen in der Wahl der Methoden, diese Ziele zu erreichen.

Fast alle Mitgliedstaaten haben die Schulen komplett geschlossen, einige befürworten eine Notfallbetreuung für infizierte Kinder und Kinder in Quarantäne oder für Kinder, deren Eltern in systemrelevanten Bereichen arbeiten, andere setzen nur auf Online-Kurse bzw. Homeschooling. Die Minister tauschten sich über unterschiedliche Arten des virtuellen Lernens aus und arbeiten daran, Zugänglichkeit und Teilnahmemöglichkeit zum virtuellen Lernen zu erhöhen.

Die kroatische Wissenschafts- und Bildungsministerin Blaženka Divjak betonte, »obwohl die Bildungspolitik der nationalen Zuständigkeit unterliegt, können Viren nicht an unseren Grenzen aufgehalten werden. Deshalb sind unsere Zusammenarbeit und Unterstützung in diesen herausfordernden Zeiten von vitaler Bedeutung für unsere Reaktion auf die Krise.«

Europaabgeordnete fordern mehr Unterstützung und Klarheit für Erasmus-Studenten

(BG) 165.000 Menschen in ganz Europa befinden sich in einem Erasmus+-Austausch. Für diese Studenten forderten die Abgeordneten des Europäischen Ausschusses für Bildung und Kultur (CULT) am 14. April 2020 in einem Schreiben an Mariya Gabriel, dass zusätzliche Kosten erstattet werden und dass Erasmus+-Austauschstudenten ihren Status behalten können. Die derzeitige Art der Kommunikation der Europäischen Kommission sowie die unterschiedlichen Ansätze und der Mangel an Informationen nationaler Agenturen böten nicht die Sicherheit, dass die Zusatzkosten übernommen würden.

Die Mitglieder des Europäischen Parlaments fordern, dass die Studierenden dieses akademische Jahr nicht verlieren und die notwendigen akademischen Credits durch virtuelles Lernen erhalten können. Die Projektregeln müssten flexibel angewendet werden. Die Vorsitzende des CULT-Ausschusses, Sabine Verheyen (DE, EVP) äußerte: »Wir haben die Pflicht dafür zu sorgen, dass diejenigen, die sich für unsere Programme angemeldet haben, die Hilfe und die Unterstützung erhalten, die sie benötigen.«

Wasseraufbereitung, Fischerei und Aquakultur

© Sächsische Staatskanzlei

Rat der Europäischen Union verabschiedet neue Vorschriften für die Wiederverwendung von Wasser

(HJG) Der Rat der Europäischen Union hat am 7. April 2020 im schriftlichen Verfahren eine Verordnung angenommen, die die Verwendung von behandeltem kommunalem Abwasser (aufbereitetem Wasser) für die landwirtschaftliche Bewässerung erleichtern soll. Die Regeln sollen in Europa zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels dienen.

Die Verordnung wird die Verfügbarkeit von Wasser verbessern und Anreize für eine effizientere Wassernutzung schaffen. So soll sichergestellt werden, dass bei Hitzewellen und schweren Dürren genügend Wasser für die Bewässerung von Feldern zur Verfügung steht. Da geografische und klimatische Bedingungen in den einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich sind, kann ein Mitgliedstaat auch entscheiden, dass der Einsatz von aufbereitetem Wasser für die landwirtschaftliche Bewässerung in manchen Landesteilen oder im gesamten Land nicht zweckmäßig ist.

Mit dem Beschluss hat der Rat der Europäischen Union seinen Standpunkt in erster Lesung festgelegt. Die Verordnung muss nun vom Europäischen Parlament in zweiter Lesung angenommen werden, bevor sie im Amtsblatt veröffentlicht werden kann.

Verstärkte Unterstützung der Fischerei und Aquakultur in der Europäischen Union

(HJG) Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments verabschiedeten am 17. April 2020 im Plenum zusätzliche Maßnahmen zur Unterstützung von EU-Fischern und Aquakulturbetrieben, die von der Pandemie schwer betroffen sind.

Das Paket spezifischer vorübergehender Maßnahmen umfasst die Unterstützung von Fischern in diesem Sektor, die vorübergehend den Betrieb einstellen müssen, finanzielle Unterstützung für Aquakulturproduzenten, wenn die Produktion eingestellt oder reduziert wird, Unterstützung für Erzeugerorganisationen bei der vorübergehenden Lagerung von Fischerei- und Aquakulturerzeugnissen sowie eine flexiblere Umverteilung der nationalen Betriebsmittel.

Nach einer raschen, beispiellosen Zusammenarbeit zwischen dem Fischereiausschuss des Europäischen Parlaments und der kroatischen Präsidentschaft des Rates, die am Osterwochenende zu einer informellen Einigung führte, wurden erhebliche Verbesserungen am Vorschlag vorgenommen. Diese Änderungen ermöglichen die Unterstützung von Fischern, die gerade ihre Tätigkeit aufgenommen haben, und von Fischern, die ohne Boot fischen. Die Unterstützung ist auch für Länder geregelt, die alle zugewiesenen Mittel ausgeschöpft haben, um diese nicht durch ihre Haushaltsflexibilität zu bestrafen.

Die Maßnahmen sind ab dem 1. Februar 2020 rückwirkend förderfähig und stehen bis zum 31. Dezember 2020 zur Verfügung.

Am 2. April 2020 schlug die Europäische Kommission eine Reihe neuer Maßnahmen vor, darunter die »Corona Response Investment Initiative Plus«, die spezifische Maßnahmen zur Abschwächung der Auswirkungen der COVID-19-Krise auf den Fischerei- und Aquakultursektor umfasst. Der für Umwelt, Ozeane und Fischerei zuständige Kommissar Virginijus Sinkevičius stellte die zusätzlichen Maßnahmen vor und beantwortete die Bedenken der Abgeordneten auf der Sitzung des Fischereiausschusses am 7. April 2020. Der Ausschuss beantragte auf der außerordentlichen Plenarsitzung vom 16. bis 17. April 2020 die Annahme der Maßnahmen im Rahmen des »Dringlichkeitsverfahrens« (definiert in Artikel 163 der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments).

Mit den neuen Maßnahmen werden der Europäische Meeres- und Fischereifonds (EMFF) und die gemeinsame Organisation der Märkte für Fischerei- und Aquakulturerzeugnisse (GMO) geändert.

zurück zum Seitenanfang