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Newsletter vom 15. Juli 2020

Einheitliche Europäische Gesundheitsunion und Entwicklung von COVID-19-Impfstoffen

© Sächsische Staatskanzlei

Europäisches Parlament fordert eine einheitliche Europäische Gesundheitsunion

(GH) In einer Entschließung zur Strategie der Europäischen Union im Bereich der öffentlichen Gesundheit für die Zeit nach der COVID-19-Pandemie hat das Europäische Parlament am 10. Juli 2020 mehrheitlich beschlossen, in der Europäischen Union die richtigen Lehren aus der COVID-19-Krise zu ziehen und im Bereich der Gesundheit deutlich stärker zusammenzuarbeiten. Ziel muss die Gründung einer vereinheitlichten Europäischen Gesundheitsunion sein. Dazu sollen gemeinsame Mindeststandards für eine hochwertige Gesundheitsversorgung gehören, die auf dringend notwendigen Stresstests der Gesundheitssysteme der Mitgliedsstaaten basieren, um sicherzugehen, dass die Mitgliedstaaten für ein etwaiges Wiedererstarken von COVID-19 und für etwaige künftige Gesundheitskrisen gerüstet sind.

Die Entschließung fordert zudem die rasche Schaffung eines Europäischen Gesundheitsreaktionsmechanismus (European Health Response Mechanism, EHRM), um auf alle Arten von Gesundheitskrisen durch eine bessere Koordinierung und Verwaltung der strategischen Reserve für Arzneimittel und medizinische Ausrüstung reagieren zu können. Die geplante Arzneimittelstrategie der Europäischen Union müsse Maßnahmen vorgeben, um die Produktion wesentlicher pharmazeutischer Wirkstoffe und Arzneimittel in Europa zu steigern und die Lieferkette zu diversifizieren, damit die Versorgung sowie ein erschwinglicher Zugang zu jeder Zeit gewährleistet sind.

Im Rahmen des neuen, mit 9,4 Milliarden Euro ausgestatteten Programms »EU4Health« soll die Einrichtung eines speziellen EU-Fonds zur Stärkung der Krankenhausinfrastruktur und der Gesundheitsdienste der Mitgliedstaaten finanziert werden. Darüber hinaus ist die Stärkung der europäischen Gesundheitsagenturen ECDC und EMA sowie die gemeinsame Gesundheitsforschung vorgesehen. Das Europäische Parlament fordert auch über die Grenzen der Europäischen Union hinaus den erschwinglichen Zugang zu künftigen COVID-19-Impfstoffen und Behandlungen für alle Menschen und in allen Ländern weltweit, sobald diese verfügbar sind. Die gemeinsamen Vergabeverfahren der Europäischen Union müssten außerdem systematischer eingesetzt werden, um zu verhindern, dass die Mitgliedstaaten miteinander in Wettbewerb treten, wenn es um die öffentliche Gesundheit geht.

(Quelle: Europäisches Parlament)

Europäisches Parlament stimmt dem Kommissionsvorschlag zur Beschleunigung klinischer Studien bei der Entwicklung von COVID-19-Impfstoffen zu

(GH) In einer legislativen Entschließung vom 10. Juli 2020 stimmte das Europäische Parlament im Dringlichkeitsverfahren dem Vorschlag der Europäischen Kommission zu einer Verordnung über die Durchführung klinischer Prüfungen mit genetisch veränderte Organismen enthaltenden oder aus solchen bestehenden Humanarzneimitteln zur Behandlung oder Verhütung der Coronavirus-Erkrankung zu. Dadurch wird eine befristete Lockerung der Regeln für klinische Studien ermöglicht, um die Entwicklung, Zulassung und Verfügbarkeit von sicheren COVID-19-Impfstoffen zu erleichtern.

Die Entwicklung und Bereitstellung eines wirksamen und sicheren Impfstoffs gegen das Corona-Virus ist die wahrscheinlichste dauerhafte Lösung, um die Pandemie zu stoppen. Zu diesem Zweck hat die Europäische Kommission eine vorübergehende und strikt auf COVID-19 bezogene Ausnahme von bestimmten Regeln für klinische Studien vorgeschlagen. Einige COVID-19-Impfstoffe und Behandlungen, die bereits entwickelt werden, können unter die Definition von genetisch veränderten Organismen (GVO) fallen und unterliegen somit den einschlägigen EU-Rechtsvorschriften.

Hinsichtlich der mitgliedstaatlichen Anforderungen und Verfahren zur Umsetzung der GVO-Richtlinien zur Bewertung der Umweltrisiken klinischer Prüfungen von Arzneimitteln, die genetisch veränderten Organismen enthalten oder aus diesen bestehen, gibt es große Unterschiede. Deshalb ist eine Abweichung von diesen Vorschriften erforderlich, um erhebliche Verzögerungen bei der Entwicklung lebensrettender Impfstoffe und Behandlungen zu vermeiden.

(Quelle: Europäisches Parlament)

Kampf gegen Menschenschmuggel

© Sächsische Staatskanzlei

Europäische Union und Nordafrika wollen gemeinsam den Kampf gegen Menschenschmuggel verstärken

(AV) Am 13. Juli 2020 fand die Videokonferenz zwischen Innenkommissarin Ylva Johansson, dem Kommissar für Nachbarschaft und Erweiterung Olivér Várhelyi, den Innenministern von Deutschland, Frankreich, Italien, Malta und Spanien sowie ihren nordafrikanischen Amtskollegen aus Algerien, Libyen, Mauretanien, Marokko und Tunesien statt. Die von Italien vorgeschlagene Konferenz war auf dem Informellen Rat der EU-Innenminister am 7. Juli 2020 angekündigt worden und behandelte das Thema Bekämpfung des Menschenschmuggels. Im Anschluss an die Videokonferenz gab Innenkommissarin Johansson eine kurze Pressekonferenz.

Die Kommissarin sagte, dies sei ein erster Aufschlag gewesen und auch schon Teil ihres Paktes für Asyl- und Migration, den sie für September ankündigte. Es solle keine regelmäßigen Videokonferenzen dieser Art geben, sondern die nächsten Schritte seien bilaterale persönliche Treffen mit den nordafrikanischen Staaten.

Aus Sicht der Europäischen Union ist eine verstärkte Zusammenarbeit essentiell. »Die Verringerung des menschlichen Leids, der Ausbeutung verletzlicher Menschen und des Verlusts von Menschenleben auf See ist ein moralisches Gebot und eine gemeinsame Herausforderung sowohl für die Mitgliedstaaten als auch für die Partnerländer. Schmuggelnetzwerke müssen noch stärker bekämpft und zerschlagen werden.«

Johansson nannte Schätzungen von Frontex, nach denen kriminelle Menschenschmuggler-Netzwerke nur auf der westlichen und zentralen Mittelmeerroute in den letzten drei Jahren 330 Millionen Euro Profit gemacht hätten.

Allerdings sei auch schon viel getan worden. Algerien hätte bereits hundert kriminelle Netzwerke zerschlagen, mehr als 60 Prozent der Menschen, die mit Booten nach Europa auf dem Weg waren, wurden im letzten Jahr durch die Küstenwachen von Marokko und Lybien daran gehindert. Die libysche Küstenwache habe in den letzten Wochen aktiv daran gearbeitet, die Aktivitäten von Schmugglern zu unterbrechen. Mauretanien und Spanien haben gemeinsame Grenzpatrouillen durchgeführt und arbeiten weiter eng in gemeinsamen Einsatzteams zusammen. Die tunesische Polizei hat vor kurzem eines der größten Migrantenschmugglernetze in Sfax zerschlagen. Marokko arbeitet intensiv mit der Europäischen Union zusammen und hat im vergangenen Jahr verhindert, dass 70.000 Menschen irregulär nach Spanien gelangen konnten.

An erster Stelle stehe für Johansson Menschenleben zu retten und die weitere Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und Afrika.

Zivil-und Handelssachen, kollektive Rechtsbehelfe und Justizbarometer 2020

© Sachsen-Verbindungsbüro Brüssel

Neue Vorschriften zu Beweisaufnahme und Zustellung in Zivil-und Handelssachen soll Digitalisierung voranbringen

(KS) In den zu den von der Europäischen Kommission 2018 vorgeschlagenen Änderungen der Rechtsvorschriften über die grenzüberschreitende Beweisaufnahme und der Zustellung von Dokumenten zwischen den nationalen Gerichten in Zivil- und Handelssachen (Zustellungsverordnung – EuZVO/Beweisaufnahmeverordnung – EuBV) seit Ende letzten Jahres geführten interinstitutionellen Verhandlungen erzielten der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament am 30. Juni 2020 eine vorläufige Einigung.

Durch die vorgesehenen Änderungen der Verordnungen soll zukünftig im Rahmen der bereits nach der derzeitig bestehenden Zustellungsverordnung beschleunigten Übermittlung hinsichtlich der Zustellung von Schriftstücken sowie der in der Beweisaufnahmeverordnung geregelten erleichterten grenzüberschreitenden Beweiserhebung in Zivil- und Handelssachen die justizielle Zusammenarbeit zwischen den nationalen Gerichten der Mitgliedstaaten durch den Einsatz digitalisierter Verfahren noch effizienter gestaltet werden.

Vorgesehen ist die Einrichtung eines sich aus nationalen und interoperablen IT-Systemen zusammengesetzten dezentralisierten IT-Systems, das einen schnelleren, sichereren und effektiveren Austausch von Dokumenten und Anfragen ermöglichen soll. Darüber hinaus sollen mit den Änderungen künftig moderne Kommunikationstechnologien, insbesondere Videokonferenzen, leichter eingesetzt werden können, um so Beweisaufnahmen unter anderem mit Zeugen, Parteien oder Sachverständigen zu fördern, die sich in einem anderen Mitgliedstaat aufhalten. Informationen sollen dabei streng vertraulich behandelt und personenbezogene Daten sowie der Datenschutz geschützt werden.

Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union müssen der Einigung noch förmlich zustimmen.

(Quelle: Europäischen Parlament)

Rechtsausschuss billigt Vereinbarung über die ersten EU-weiten Regeln für kollektive Rechtsbehelfe

(KS) Nachdem der Ausschuss der ständigen Vertreter bereits am 30. Juni 2020 die Mitte Juni erfolgte vorläufige Einigung mit dem Europäischen Parlament über die ersten EU-weiten Regeln für kollektive Rechtsbehelfe bestätigte, hat nunmehr ebenfalls der Rechtsausschuss am 7. Juli 2020 die geschlossene Vereinbarung gebilligt.

Das neue Gesetz zielt darauf ab, in allen Mitgliedstaaten in Bezug auf Massenschäden ein harmonisiertes Modell für Vertretungsklagen einzuführen und sicherzustellen, dass den Verbrauchern in jedem Mitgliedsstaat mindestens ein Verbandsklageverfahren für Unterlassungs- und Rechtsbehelfsmaßnahmen zur Verfügung steht, das ein repräsentatives Vorgehen auf nationaler und EU-Ebene ermöglicht. Der Geltungsbereich werde dabei neben dem allgemeinen Verbraucherrecht auch Verstöße von Gewerbetreibenden in Bereichen wie Datenschutz, Finanzdienstleistungen, Reisen und Tourismus, Energie, Telekommunikation, Umwelt, Gesundheit sowie Rechte von Flug- und Bahnreisenden umfassen und für Verbandsklagen gelten, die am oder nach dem Datum der Anwendung der Richtlinie erhoben werden.

Die neuen Vorschriften sehen die Benennung von qualifizierten Einrichtungen in den Mitgliedstaaten vor, die befugt sind, Unterlassungs- und Rechtsmittelklagen im Namen von Verbrauchergruppen einzuleiten.

Im Hinblick auf die vorgesehene Unterscheidung zwischen grenzüberschreitenden Klagen und inländische Klagen werden dabei bei grenzüberschreitenden Klagen für die Benennung als qualifizierte Einrichtung erweiterte Kriterien gelten. Für innerstaatliche Klagen ist vorgesehen, dass die Mitgliedstaaten geeignete Kriterien für Einrichtungen festlegen, die mit den Zielen der Richtlinie in Einklang stehen und welche mit den Kriterien für grenzüberschreitende Klagen identisch sein können.

Um ein Gleichgewicht zwischen dem Zugang zur Justiz und dem Schutz von Unternehmen vor missbräuchlichen Klagen zu wahren, ist zudem die Einführung des »Verlierer zahlt Prinzip« vorgesehen, bei dem die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsbehelfsverfahrens der erfolgreichen Partei trägt.

Rat der Europäischen Union und Europäisches Parlament als Ganzes müssen nun in erster Lesung der politischen Einigung zustimmen. Die Richtlinie wird 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft treten. Die Mitgliedstaaten haben dann 24 Monate Zeit, um die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen, und weitere sechs Monate, um sie anzuwenden.

(Quelle: Europäischen Parlaments)

Effizienz der Justizsysteme nimmt zu, Vertrauen in die Justiz ab

(KS) Die Europäische Kommission hat am 10. Juli 2020 das diesjährige EU-Justizbarometer veröffentlicht. Der jährlich herausgegebene Bericht gibt einen vergleichenden Überblick über die Effizienz, Qualität und Unabhängigkeit der Justizsysteme in allen Mitgliedstaaten.

2020 hat sich demzufolge die Effizienz der Justizsysteme in den meisten Mitgliedstaaten weiter erhöht, die Unabhängigkeit der Justiz hat hingegen nach Ansicht der Bürgerinnen und Bürger in einer Reihe von Mitgliedstaaten weiter abgenommen.

So sind in den meisten Mitgliedstaaten, die im Rahmen des Europäischen Semesters als Länder mit besonderen Herausforderungen eingestuft wurden, seit 2012 Fortschritte erzielt worden. So hat sich beispielsweise die Dauer der erstinstanzlichen Gerichtsverfahren in fast allen diesen Mitgliedstaaten verringert oder ist stabil geblieben.

Auch die Arbeitsbelastung der nationalen Justizsysteme in den meisten Mitgliedstaaten ist dem Bericht zufolge zurückgegangen und bleibt weitgehend unter dem Niveau von 2012. Eine hohe Verfahrensabschlussquote von insgesamt über 97 Prozent konnte von allen Mitgliedstaaten gemeldet werden.

Verbesserungen sind zudem im Hinblick auf den Zugang zur Justiz und der Geschlechtergleichstellung erzielt worden. So wird inzwischen von fast allen Mitgliedstaaten online ein Zugang zu bestimmten Informationen über ihr Justizsystem bereitgestellt und es sind Erleichterungen für Kinder wie beispielsweise Maßnahmen für kindgerechte Anhörungen eingeführt worden. Eine Mehrheit stellt daneben auch Informationen für seh- oder hörbehinderte Menschen sowie für Nichtmuttersprachler zur Verfügung und einige Mitgliedstaaten haben laut der Auswertung zudem bereits erste Maßnahmen ergriffen, um Gerichtsentscheidungen in maschinenlesbarer Form zur Verfügung zu stellen.

In Bezug auf die Gleichstellung sind in den meisten Mitgliedstaaten an den obersten Gerichten zwar nach wie vor weniger als 50 Prozent der Richterstellen mit Frauen besetzt (vgl. S. 37), der Anteil der Richterinnen allgemein hat sich seit 2010 in den meisten Mitgliedstaaten jedoch weiter erhöht.

Was die Unabhängigkeit der Justiz betrifft ist diese in der öffentlichen Wahrnehmung im Vergleich zu 2019 dagegen zurückgegangen, wobei im Rahmen einer parallel veröffentlichten Umfrage der am häufigsten genannte Grund für die als unzulänglich wahrgenommene Unabhängigkeit von Gerichten und Richtern die Einmischung bzw. Druck durch Regierungen und Politiker, gefolgt von Druck durch Wirtschaftsakteure oder andere Interessensträger war.

Die Ergebnisse des Justizbarometers 2020 werden in den ersten jährlichen Bericht der Europäischen Kommission über die Rechtsstaatlichkeit einfließen, der im September 2020 veröffentlicht werden soll.

(Quelle: Europäischen Kommission)

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