Newsletter vom 2. Dezember 2020
Europäischer Stabilitätsmechanismus
ESM-Reform unter Dach und Fach
(JB) Am 30. November 2020 erzielte die Eurogruppe eine politische Einigung zur Reform des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) mit einem gemeinsamen Sicherheitsnetz für die Abwicklung von Krisenbanken.
Der Europäische Stabilitätsmechanismus soll zum einen im Krisenfall leichter »vorsorgliche Kreditlinien« für wirtschaftlich gesunde Staaten bereitstellen können und die Aufgabe einer gemeinsamen »Letztsicherung« (Backstop) für den Bankenabwicklungsfonds (Single Resolution Fund - SRF) übernehmen. Diese »Letztsicherung« soll bereits ab 2022 zur Verfügung stehen und damit zwei Jahre früher als geplant.
Der »Backstop« bildet eine Art staatlich garantierte Rückversicherung bei der Abwicklung von in Schieflage geratenen Banken. Der Bankenabwicklungsfonds wird durch Einlagen der Banken finanziert und soll am Ende mit einem Volumen von rund 55 Milliarden Euro ausgestattet sein. Reicht dieser Topf nicht, kann der Europäische Stabilitätsmechanismus dem Abwicklungsfonds künftig eine Kreditlinie zur Verfügung stellen, um die Finanzstabilität des betroffenen Eurolandes sowie der Eurozone als Ganzes zu gewährleisten.
Neben der Kompromissbereitschaft Italiens, war für die politische Einigung auch von Bedeutung, dass eine aktuelle Bestandsaufnahme erhebliche Fortschritte beim Abbau der Risiken in den Bankbilanzen (Stichwort: notleidende Kredite) bescheinigte.
Die ESM-Reform auf der Grundlage einer sogenannten »zwischenstaatlichen Vereinbarung« (Unterzeichnung im Januar 2021) muss nun in den kommenden Monaten durch die Euroländer gemäß ihren verfassungsrechtlichen Bestimmungen (in Deutschland durch den Bundestag) ratifiziert werden.
Staatliche Beihilfen, Batteriezellen für die heimische Autoindustrie, Steinkohleausstieg
Europäische Kommission genehmigt staatliche Beihilfen zum Ausgleich für pandemiebedingte Einkommensverluste
(CL) Die Europäische Kommission hat am 27. November 2020 die deutsche Regelung zur Entschädigung von Jugendherbergen, Schullandheimen, Jugendbildungsstätten und Familienferienstätten für pandemiebedingte Einkommensverluste genehmigt. Die öffentliche Unterstützung kann damit in Form von direkten Zuschüssen erfolgen, die bis zu 60 Prozent der Einnahmeverluste ausgleichen sollen, die den Empfängern in der Zeit zwischen dem Beginn des ersten (regional unterschiedlichen) Lockdowns im Frühjahr 2020 bis einschließlich 31. Juli 2020 durch die Schließung ihrer Einrichtungen entstanden sind.
Auf der Ebene der Bundesregierung soll den betroffenen Einrichtungen ein Budget von bis zu 75 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Darüber hinaus können auch Behörden auf Landes- oder kommunaler Ebene diese Regelung aus ihren Haushalten in Anspruch nehmen.
Weitere Informationen sind auf der Internetseite der Generaldirektion Wettbewerb unter der Fallnummer SA.59228 abrufbar.
Europa wird bis zum Jahr 2025 im Stande sein, genug Batteriezellen für die heimische Autoindustrie herzustellen
(CL) Im Rahmen einer Konferenz zur Batteriezellenfertigung im Rahmen der deutschen Ratspräsidentschaft am 24. November 2020 hat sich Kommissionsvizepräsident Maroš Šefčovič zuversichtlich gezeigt, dass die Europäische Union bis 2025 in der Lage sein wird, genügend Batteriezellen zu produzieren, um den Bedarf der europäischen Automobilindustrie zu decken. In diesem Zusammenhang unterstrich er die positiven Auswirkungen der 2017 ins Leben gerufenen Europäischen Batterie-Allianz. Diese habe mehr als 500 Akteure aus der Industrie zusammengeführt und verfolge das Ziel der Schaffung einer wettbewerbsfähigen, innovativen und nachhaltigen Wertschöpfungskette in Europa mit nachhaltigen Batteriezellen.
Auf der Konferenz sprach Šefčovič auch die Möglichkeiten einer verstärkten öffentlichen Förderung von Vorhaben im Rahmen von so genannten IPCEI (Important Projects of Common European Interest – Wichtige Projekten von gemeinsamem europäischem Interesse) an. Nach der Genehmigung des ersten IPCEI in diesem Bereich im Dezember 2019 werde nun ein zweites IPCEI vorangetrieben, das einen Schwerpunkt auf die nachhaltige, umweltfreundliche Batteriezellproduktion lege: Das Projekt soll eine Kreislaufwirtschaft für Batterien unterstützen, indem auch hocheffiziente Recyclinglösungen entwickelt und die intelligente Nachnutzung von Batterien in anderen Anwendungsbereichen gefördert werden. 12 Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, sowie fast 50 Unternehmen beteiligten sich daran.
Europäische Kommission genehmigt die geplanten deutschen Beihilfen für den Steinkohleausstieg
(CL) Die Europäische Kommission hat am 25. November 2020 den von Deutschland eingeführten Marktmechanismus zur Stilllegung von Steinkohlekraftwerken genehmigt. Die Genehmigung kommt damit rechtzeitig vor dem Zuschlagstermin der ersten Ausschreibungsrunde im Dezember und ermöglicht die planmäßige Stilllegung von Steinkohlekraftwerkskapazitäten in Höhe von 4 Gigawatt noch in 2020. Zwischen 2020 und 2023 sollen insgesamt sieben Ausschreibungen für die Stilllegung von Steinkohlekraftwerken und kleinen Braunkohlekraftwerken (unter 150 Megawatt) veröffentlicht werden, die dann jährlich bis 2026 stattfinden werden. Die erfolgreichen Bieter werden sodann auf der Grundlage transparenter Zuschlagskriterien ausgewählt.
Das deutsche Vorhaben, durch Ausschreibungen ausgewählten Unternehmen eine Entschädigung für eine frühzeitige Stilllegung von Steinkohlekraftwerken zu gewähren, sei mit dem EU-Beihilferegime zu vereinbaren. Der sogenannte »Steinkohlezuschlag« soll als Stilllegungsprämie einen Anreiz für einen vorgezogenen Ausstieg aus der Steinkohleverstromung schaffen und gleichzeitig die Energieversorgungssicherheit in Deutschland sicherstellen.
Weitere Informationen sind, nachdem alle Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Daten geklärt sind, auf der Internetseite der Generaldirektion Wettbewerb unter der Fallnummer SA.58181 abrufbar.
Die Entscheidung über die von Deutschland geplanten Entschädigungszahlungen für die Stilllegung von Braunkohlekraftwerken wird in einem gesonderten Beschluss erfolgen. Hier wird es voraussichtlich zur Einleitung eines (ergebnisoffenen) förmlichen Prüfverfahrens kommen, in dessen Verlauf Deutschland und Beteiligte die Gelegenheit erhalten, zu der Maßnahme Stellung zu nehmen.
Gemeinsame Agrarpolitik
Einigung zur Zahlung von Agrarmitteln im Übergangszeitraum 2021-2022
(HJG) Am 27. November 2020 konnte eine politische Einigung zwischen dem Europäischen Parlament und den Mitgliedstaaten über die Regeln der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) für den Übergangszeitraum 2021-2022 erreicht werden. Diese Regeln basieren auf dem Grundsatz der Kontinuität der derzeitigen GAP-Regeln und gewährleisten einen reibungslosen Übergang zur nächsten Haushaltsperiode. Die nationalen Zuweisungen während des Übergangs orientieren sich an den Vereinbarungen für den mehrjährigen Finanzrahmen 2021-2027. Gleichzeitig arbeitet die Europäische Kommission weiterhin daran, die Verhandlungen über den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen so bald wie möglich zum Abschluss zu bringen, damit alle neuen Programme am 1. Januar 2021 beginnen können.
Die Vereinbarung umfasst auch die Integration der Mittel des Europäischen Wiederherstellungsinstruments (ERI) in den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER), die die Erholung der Landwirtschaft nach der COVID-19-Pandemie unterstützen.
Während der Übergangszeit müssen die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem »No Backsliding Principle« mindestens das derzeitige Ambitionsniveau der Gemeinsamen Agrarpolitik in Bezug auf die Umwelt- und Klimaziele beibehalten und zu den Zielen des europäischen Grünen Deals beitragen.
Darüber hinaus werden den Mitgliedstaaten für den Übergangszeitraum 2021-2022 die für die ländliche Entwicklung bereitgestellten europäischen Konjunkturfonds (7,5 Milliarden Euro) zur Verfügung gestellt. Diese Mittel sollen dazu verwendet werden, die Auswirkungen der Pandemie zu bekämpfen und gleichzeitig eine grüne und digitale Erholung sicherzustellen. Sie zielen auf Maßnahmen ab, die der Umwelt und dem Klima zugutekommen und die die Erholung und Widerstandsfähigkeit der ländlichen Wirtschaft erleichtern werden.
(Quelle: Europäische Kommission)
Digitales Forum
»Städtische Agenda für die EU – Kultur und Kulturerbe in Europa« der deutschen Ratspräsidentschaft
(HJG) Das Bundesministerium für Inneres, Bauen und Gemeinschaft veranstaltete gemeinsam mit dem italienischen Kulturministerium und der italienischen Regierungsbehörde für territorialen Zusammenhalt als Koordinatoren der Partnerschaft »Kultur und Kulturerbe« in der Stadtagenda der Europäischen Union das Digitale Forum »Urban Agenda für die EU – Kultur und Kulturerbe in Europa« am 24. und 25. November 2020 in Berlin. Die Konferenz wurde im Rahmen der deutschen EU-Präsidentschaft durchgeführt. Die Partnerschaft legte ihren Aktionsplan mit Empfehlungen für Kultur und kulturelles Erbe in Europa vor und spiegelte dies mit rund 150 Teilnehmern und Experten aus 30 Ländern wider – aus den Bereichen Erhaltung und Schutz des kulturellen Erbes, Architektur, Stadtentwicklung, Politik, Kommunen und Kulturdienstleistungen – wie Kultur und kulturelles Erbe in europäischen Städten gestärkt, gefördert und weiterentwickelt werden können und wie Kultur und kulturelles Erbe auf verschiedenen Ebenen positive Beiträge leisten können.
Im heutigen Europa leben etwa 76 Prozent der Bevölkerung in städtischen Gebieten. Städte sind zu Grenzen für aktuelle Herausforderungen wie Migration, Demografie und Klimawandel, neue Mobilitätskonzepte, wachsenden Tourismus und digitale Innovation geworden. Hinzu kommt, dass die aktuelle Herausforderung der Pandemie das kulturelle Leben der Städte erheblich beeinflusst. Der Erhalt der Kultur und der Qualität der Landschaft und der gebauten Umwelt, der Schutz und die Entwicklung des kulturellen Erbes sind nicht nur ein Ziel an sich, sondern vielmehr ein wirksames Instrument zur Erreichung sozialer, ökologischer und wirtschaftlicher Ziele. Der Aktionsplan der Partnerschaft basiert auf diesen Überlegungen und befasst sich mit den aktuellen Herausforderungen in den Bereichen Kultur und kulturelles Erbe in Europa.
Die Konferenzteilnehmer betonten insbesondere, dass Kultur und kulturelles Erbe einen grundlegenden Beitrag zur Gestaltung der Identität und zum Schutz demokratischer Werte in Europa leisten können. Stadtentwicklung, die sich am Gemeinwohl und an der sozialen Gerechtigkeit orientiert, sollte in den wachsenden und den bestehenden territorialen Strukturen eine zentrale Rolle spielen. Aufgrund der Komplexität der Stadtentwicklung erfordern Planungsprozesse integrierte und partizipative Ansätze, die auf dem kulturellen Erbe und dem vorhandenen Gebäudebestand basieren.
Die Konferenzteilnehmer forderten die Gewährleistung einer integrativen und kohärenten Stadtentwicklung auf der Grundlage gemeinsamer Prozesse, die sich auf das Gemeinwohl konzentrieren und in der neuen Leipziger Charta verankert sind, sowie den Schutz des öffentlichen Raums in den europäischen Städten als komplexe, vielschichtige Gebiete und als Orte sozialer Interaktion. Alle relevanten Akteure in der Stadt müssen aktiv einbezogen werden.
Die Teilnehmer waren sich einig, dass Kultur und kulturelles Erbe im Grünen Deal und bei der Entwicklung des neuen europäischen Bauhauses eine zentrale Rolle spielen muss, insbesondere in mittelgroßen Städten und Kleinstädten in Europa, deren Bemühungen um einen nachhaltigen und zukunftsorientierten Umgang mit ihrem kulturellen Erbe unterstützt werden muss.
Das Netzwerk der Partnerschaft, das während der Berliner Konferenz erweitert wurde, sollte weiter gestärkt werden, insbesondere um die Gemeinschaft der in den Bereichen Kultur und kulturelles Erbe verantwortlichen Interessengruppen zu vergrößern.
Open-Access-Publikationsplattform
Europäische Kommission öffnet neue Open-Access-Publikationsplattform für Einreichungen
(ED) Open Research Europe (ORE) ist die von der Europäischen Kommission finanzierte und verwaltete Open-Access-Publikationsplattform für die Veröffentlichung von Ergebnissen von Forschungsprojekten, die im EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation Horizont 2020 und demnächst auch Horizont Europa gefördert werden. Sie ist jetzt für Einreichungen geöffnet und startet offiziell Anfang 2021.
Die Plattform erleichtert es den Empfängern von EU-Forschungsfördermitteln für Vorhaben aller Themenbereiche, die Open-Access-Bedingungen der Förderprogramme einzuhalten. Sie bietet somit den Forschenden einen Veröffentlichungsort, an dem sie ihre Ergebnisse und Erkenntnisse schnell austauschen und ermöglicht eine offene, konstruktive Forschungsdiskussion.
Die Veröffentlichungsgebühr auf Open Research Europe beträgt 780 Euro, welche zentral von der Europäischen Kommission bezahlt werden.
Der eingereichte Artikel muss ein Ergebnis eines laufenden oder abgeschlossenen Projekts aus Horizont 2020 bzw. Horizont Europa sein und mindestens eine der Autorinnen oder einer der Autoren muss an diesem Vorhaben beteiligt sein. Außerdem darf der Artikel noch nicht anderweitig zur Begutachtung eingereicht oder veröffentlicht worden sein.
Nach der Einreichung führt das Redaktionsteam der Plattform vor der Veröffentlichung umfassende Prüfungen durch, um sicherzustellen, dass alle Richtlinien und ethischen Grundsätze eingehalten werden. Nachdem ein Artikel die Vorab-Prüfung durchlaufen hat, wird innerhalb von 10 Tagen die Preprint-Version veröffentlicht, die eine sofortige Sichtung und Zitierung ermöglicht. Daraufhin werden Fachgutachter für das Open-Peer-Review-Verfahren ausgewählt und eingeladen, und ihre Namen und Rezensionen werden zusammen mit den Antworten der Autoren mit dem Artikel veröffentlicht. Auch andere registrierte Benutzer können die Artikel kommentieren und es ist möglich, seine Artikel zu überarbeiten. Alle Versionen eines Artikels sind verlinkt, unabhängig voneinander zitierbar und anschließend in den wichtigsten Indexdatenbanken und Repositorien zu finden.